Angesagt – Tanja Philippeit

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Sehr geehrte Frau Philippeit,
Sie sind Autorin, Verlegerin und promovierte Psychologin. Wie wird aus einer Psychologin eine Spieleautorin und Verlegerin?

Tanja Philippeit: Mich haben vor allem mein eigener Spaß am Spielen und meine unternehmerische Neugier dazu gebracht.

Ein eigenes kleines Unternehmen aufzubauen, hatte mich schon lange gereizt. Auf der Suche nach passenden Geschäftsideen bin ich immer wieder beim Thema Spielen hängengeblieben.

Im Herbst 2015 habe ich den Schritt dann einfach gewagt und eine meiner Spielideen so weit vorangetrieben, dass ich sie im eigenen Verlag veröffentlichen konnte.

Die Redaktion: Was war eigentlich zuerst da, Ihr Spiel Emojical Mau-Mau oder der Verlag?

Tanja Philippeit: Das ging eigentlich Hand in Hand. Als ich anfing, mich an das Thema Spieleentwicklung heranzutasten, hatte ich zunächst nur ein paar vage Spielideen im Kopf. Als ehemalige Unternehmensberaterin habe ich neben der Konkretisierung der Ideen aber immer auch gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit im Blick gehabt.

Mir war klar, wenn ich Spieleerfinden nicht nur als reines Hobby betreiben will, muss ich eine stabile Infrastruktur für den Vertrieb und das Marketing aufbauen.

Deswegen habe ich mich parallel zur Entwicklung des ersten Spiels um den Aufbau des Verlags gekümmert.

Die Redaktion: In Emojical Mau-Mau haben Sie alte klassische Regeln mit neuen Elementen verbunden und herausgekommen ist Ihr Spiel. Wie lange haben Sie an diesem gearbeitet, bis es so wurde, wie man es kennt?

Tanja Philippeit: Ungefähr ein Jahr. Am meisten Zeit haben dabei neben den vielen Testrunden die Klärung der rechtlichen Fragen und die grafische Gestaltung in Anspruch genommen. Bei Emojical Mau-Mau stammt ja auch die Illustration von mir.

Da ich keine ausgebildete Grafik-Designer bin, musste ich mir in autodidaktischer Kleinarbeit das nötige Wissen aneignen, um die Druckvorlagen erstellen zu können. Umso glücklicher war ich, als die Spiele geliefert wurden und tatsächlich alles glatt gelaufen war.

Bild Starnberger Spiele

Die Redaktion: Ihr Spiel Emojical Mau-Mau wurde von den Kritikern und den Spielern sehr gut aufgenommen. Wie kann man jemandem das Spiel erklären, der es noch nicht kennt?

Tanja Philippeit: Emojical Mau-Mau ist eine aufgepeppte Variante des bekannten Spieleklassikers. Das coole Emoji-Design lockt sogar Teenager wieder an den Spieltisch – wie mir begeisterte Spieler immer wieder rückmelden.

Wie im klassischen Mau-Mau muss man als Erster alle seine Karten ablegen, um das Spiel zu gewinnen.

In meiner Variante gibt es allerdings keine Zahlenkarten mehr, sondern nur noch Emoji-Karten. Die Emojis sind dabei nicht einfach nur nette Bildchen zur Illustration, sondern das zentrale Spielelement.

Inspiriert von den Emojis habe ich ein paar zusätzliche Aktionskarten entwickelt, die mehr Spannung und Schnelligkeit ins Spiel bringen und dafür sorgen, dass sich das Blatt ganz schnell auch mal wieder wenden kann.

Durch die Emojis wird das Spiel insgesamt kommunikativer, interaktiver und emotionaler. Meistens geht es dabei ziemlich turbulent zu. Die Emojis regen zu Mimik, Gestik und Geräuschen an und es wird vor allem richtig viel gelacht.

Die Redaktion: Irgendjemand hat einmal gesagt, dass man als Spieleautor Idealist sein muss, denn als Autor wird man nicht reich. Sind Sie eine Idealistin?

Tanja Philippeit: Ich entwickle Spiele, weil ich Spielen als Familienaktivität sehr wichtig finde. Spielen stärkt das Gemeinschaftsgefühl und fördert die sozialen Kompetenzen. Insofern steckt in der Spieleentwicklerin Tanja Philippeit mit Sicherheit eine große Portion Idealismus.

Gleichzeitig bin ich ein recht pragmatischer und praktisch veranlagter Typ. Das kommt mir in der Rolle der Verlegerin sehr zugute. Und vermutlich macht mir deshalb die Kombination der beiden Tätigkeiten so viel Spaß.

Die Redaktion: Leider gibt es wenige Spielautorinnen. Was kann man machen, dass sich dies ändert?

Tanja Philippeit: Ehrlich gesagt war ich anfangs selber sehr überrascht, als ich bei meinen ersten Schritten in der Spielebranche feststellen musste, dass sie doch sehr stark von männlichen Kollegen geprägt ist.

Ich sehe das jedoch eher als Chance und glaube, dass man allein schon dadurch etwas ändert, wenn man sich als Frau eben einfach auf den Weg macht, und sich von den bestehenden Gegebenheiten nicht beirren lässt.

Bemerkenswert finde ich allerdings schon, dass unter den acht Mitgliedern der Jury für das Spiel des Jahres nur eine einzige Frau ist.

Bild Starnberger Spiele

Die Redaktion: Wie ist eigentlich der Alltag eines Spieleautors. Wird da nur gespielt, so nach dem Motto der „ganze Arbeitstag ist ein Spiel“? Sind Sie hauptberuflicher Spieleautor?

Tanja Philippeit: Als Spieleautorin und Verlegerin baue ich mir gerade neben meiner Tätigkeit als Business Coach ein zweites Standbein auf. Alltag in dem Sinn gibt es da eigentlich nicht. Jeder Tag ist anders und gerade die Abwechslung und Vielseitigkeit des Berufs macht mir Spaß.

Diese Woche starte ich z.B. mit den Vorbereitungen für die Produktion meines nächsten Spiels. D.h. ich telefoniere mit Druckereien, prüfe verschiedene Druckmöglichkeiten und hole mir Angebote ein.

Aber spielen „muss“ ich natürlich auch ganz viel. Das Schönste daran ist, dass ich diesen Teil der „Arbeit“ gemeinsam mit meinen Kindern machen kann.

Die Redaktion: Wenn Sie jetzt zurückblicken, haben Sie diesen Schritt jemals bereut, Autorin zu werden?

Tanja Philippeit: Auf gar keinen Fall. Das Spielen zum Beruf machen zu können, ist einfach toll. Bei der großen Anzahl an neuen Spielen, die jährlich auf den Markt kommen, ist es aber auch eine ganz schöne Herausforderung, sich als Neueinsteiger zu behaupten.

Den Anteil, den das Marketing und der Vertrieb der Spiele dabei einnimmt, hatte ich zu Beginn etwas unterschätzt. Ich glaube aber, dass gerade diese Erfahrung mir dabei hilft, bessere Spiele zu entwickeln.

Weil ich beim Entwickeln viel stärker auch den potenziellen Spieler bzw. Käufer im Blick habe.

Die Redaktion: Wie sind Sie zum Spielen gekommen? Haben Sie als Kind zu Hause sehr viel gespielt?

Tanja Philippeit: In meiner Familie wurde immer viel gespielt. Besonders gern erinnere ich mich an ausgedehnte Kartenspielabende in unseren Campingurlauben. Zuhause haben mein Bruder und ich dann eher Brettspiele wie „Spiel des Lebens“, „Wildlife“ oder „Öl für uns alle“ gespielt.

Mein absolutes Lieblingsspiel war allerdings „Cluedo“. Davon war ich so begeistert, dass ich es nachgebastelt habe, weil mir die Zeit zu lang war, bis ich es mir zu Weihnachten wünschen konnte.

Die Redaktion: Was wird bei Ihnen zu Hause gespielt?

Tanja Philippeit: Ja, wir haben schon immer viel gemeinsam gespielt und das hat sich durch meine berufliche Tätigkeit noch einmal verstärkt.

Als Familie spielen wir z.B. sehr gerne Zug um Zug oder Code Names, aber auch Kartenspiele wie Wizard oder The Game. Ganz besonders freut es mich natürlich, wenn meine Töchter hin und wieder zum Aufwärmen eine Runde Emojical Mau-Mau einfordern.

Die Redaktion: Spielen verbindet und macht bekanntlich viel Spaß. Spielen Sie auch mal mit Ihren Freunden?

Tanja Philippeit: Das Spielen mit Freunden kommt im Moment leider viel zu kurz. Früher war das ein fester Bestandteil. Im Familienalltag bleibt dafür aber einfach zu wenig Zeit.

Dafür spielen wir viel in der Großfamilie, also auch mit den Großeltern, Onkel und Tanten. Das genieße ich sehr und freue mich über die Verbindung, die das gemeinsame Spielen generationsübergreifend schafft.

Die Redaktion: In Deutschland wird schon immer sehr viel gespielt. Wie können Eltern dabei das richtige Spiel für ihre Kinder finden?

Tanja Philippeit: Ich persönlich finde, dass der Spaß im Vordergrund stehen sollte. Und dabei sollte auch der Spaß der Eltern nicht zu kurz kommen. Nur durch den eigenen Spaß kann man den Kindern die Freude am Spielen vermitteln.

Welche Spiele für die Kinder geeignet sind, kann man letztendlich nur durch Ausprobieren feststellen. Dafür nutze ich sehr gerne unsere Gemeindebücherei, die eine große Auswahl an Spielen zum Ausleihen anbietet.

Die Redaktion: Schauspieler haben eine Traumrolle, was für ein Traum hat eine Spieleautorin?

Tanja Philippeit: Als Spielautorin beflügelt mich allein schon die Vorstellung, dass meine Spiele in Familien gespielt werden und alle beim gemeinsamen Spiel eine schöne Zeit miteinander verbringen.

Grundsätzlich reizt mich immer die Kombination aus Zeitgeist und traditioneller Spielkultur – unabhängig von einem speziellen Spielformat.

Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?

Tanja Philippeit: In meinem Kopf spuken gerade so einige Spielideen herum, die aber alle noch nicht ganz spruchreif sind. Fest im Plan ist allerdings ein Starnberger Spiel, bei dem der See thematisch im Vordergrund steht.

Website: www.starnberger-spiele.de

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.