Warum „The Rise of Queensdale“ (RoQ) seinen Erfindern schlaflose Nächte bereitet hat.
„The Rise of Queensdale“ ist derzeit das größte und mit knapp vier Kilogramm schwerste Spiel im Ravensburger Programm.
Doch seine wahre Größe zeigt sich im Spiel selbst: Wenn die Spieler Teil davon werden, ihre Handlungen den Verlauf beeinflussen und sich das Spiel entwickelt und verändert.
So hat es mit gut drei Jahren auch die längste Entwicklungszeit für ein Gesellschaftsspiel hinter sich.
Die geistigen Eltern Inka und Markus Brand und der Ravensburger Redakteur André Maack berichten im Interview über ihren – wahrlich einzigartigen – Wurf.
Um was geht es in „The Rise of Queensdale“?
André Maack: „The Rise of Queensdale“ ist ein Legacy-Spiel mit variablem Verlauf, den die Mitspieler mit ihren persönlichen Entscheidungen beeinflussen. Ziel des Spiels ist es, derjenige Baumeister zu sein, der als Erster seinen Turm für das Schloss der Königin gebaut hat. Hierzu ist es nötig, sein Stadtviertel aufzubauen und florieren zu lassen.“
Wodurch unterscheidet sich „The Rise of Queensdale“ von bisherigen Legacy-Spielen?
Inka Brand: „Uns war es besonders wichtig, dass sich das Spiel nicht nur allgemein weiterentwickelt, sondern dass es für jeden einzelnen Spieler individuelle Gestaltungsmöglichkeiten bietet. In RoQ spielt jeder mit einem eigenen Würfelsatz, den die Spieler im Laufe der Partien verändern. Dazu kleben sie Aufkleber über selbst gewählte Würfelseiten und verbessern so ihre Aktionsmöglichkeiten.
Ebenso können sie Gebäude in ihren Stadtvierteln errichten, die nur ihnen Vorteile bieten. So sind hier einzelne Entscheidungen viel wichtiger als in einem gewöhnlichen Spiel, weil man die gewählten Vorteile mit in die nächsten Partien nehmen kann.
Dies ist wohl der größte Unterschied zu den wenigen Legacy-Spielen, die bisher erhältlich sind. Außerdem ist RoQ mit 126 großen Karten mit zusätzlichen Geschichten oder Spielregeln ausgestattet, die für jede Menge Atmosphäre und Abwechslung sorgen. Spielt man die ganze Kampagne durch, hat man immer noch nicht alles gesehen, was RoQ zu bieten hat.“
Das klingt sehr komplex. Wie seid ihr drei das angegangen?
André Maack: „Wir als Verlag sind ständig auf der Suche nach besonderen Spielen. In den letzten Jahren waren Legacy-Spiele eine innovative Entwicklung und wir hatten uns überlegt, auch ein Spiel mit dieser Mechanik ins Programm zu nehmen. Wir sind dann mit einem Briefing auf Inka und Markus zugegangen und die waren von der Idee, ein Legacy-Stadtentwicklungsspiel zu machen, von Anfang an begeistert.“
Inka Brand: „Nachdem wir uns entschlossen hatten, ein würfelbasiertes, kompetitives, also ein auf Wettbewerb ausgerichtetes Spiel zu machen, ging die Entwicklung zunächst schnell voran. Wir überlegten uns eine passende Rahmenstory und was im Laufe der vielen Partien alles geschehen könnte. Dabei haben wir Einiges verworfen und immer wieder neu überlegt.
Und nachdem wir mit der Rohfassung des Spiels endlich zufrieden waren, gefiel uns die Story nicht mehr. Zum Glück konnten wir unseren guten Freund Lars Frauenrath, der ein hervorragender Texter und Geschichtenerzähler ist, für das Projekt begeistern. Er hat sich dann unseres Spiels angenommen und es fantasievoll mit Leben gefüllt.“
Markus Brand: „Das Aufwändigste in der Entwicklungsphase waren die Testpartien. Denn da spielt man immer die ganze Kampagne durch, da kommen schon mal 18 Partien zusammen.
Als Autoren sind wir es gewohnt, schnell etwas am Spielablauf zu ändern, was nicht zufriedenstellend funktioniert. Nur hier hatte das eine ganz andere Auswirkung, weil wir jede kleine Änderung bis zum Ende durchdeklinieren mussten. Dafür waren wahnsinnig viele Testrunden nötig. Natürlich haben wir einige Spieletester in unserem Bekanntenkreis, aber bei RoQ sind wir wirklich an unsere Grenzen gestoßen.
Wer hat schon so oft ein ganzes Wochenende Zeit, um eine einzige Kampagne durchzuspielen? Außerdem brauchten wir ständig neue Gruppen, die das Spiel möglichst noch nicht kennen sollten.“
Eine echte Herausforderung. Zwischendurch war vom Autorenteam sogar ein „Nie wieder!“ zu hören. Was ist dran?
Inka Brand: „Wir haben uns von Beginn an sehr auf das Projekt gefreut – aber den Aufwand gewaltig unterschätzt. Die Herausforderung war wirklich der Umfang des gesamten Projekts: Wir mussten wirklich alles, was in der Geschichte geschehen kann, mit allen möglichen Auswirkungen im Blick behalten. Eine zweite wesentliche Herausforderung war das Schreiben der Spielregel: Zu Beginn war die ziemlich leer und sie füllte sich erst im Laufe vieler Partien mit neuen Regelstickern.
Sie so zu strukturieren, dass die Spieler auch später bestimmte Regeln nochmal nachschlagen können, war sehr zeitaufwändig. Zum Glück haben André Maack und sein Kollege Daniel Gaca da großartige Arbeit geleistet.“
Was war dabei die Rolle des Redakteurs?
André Maack: „Für mich war die besondere Herausforderung, ein so komplexes Produkt zu überblicken und auch materialtechnisch zu meistern. Dabei gab es schon mal den einen oder anderen Rückschlag, aber gemeinsam hatten wir dann doch immer wieder die rettende Idee. Als Redakteur ist man ja Sparringspartner der Autoren. Wir testen das Spiel und geben Feedback.
Dieses wird dann eingearbeitet und so entsteht eine neue Version des Spiels, welche wieder getestet werden muss usw. Man schleift quasi den Rohdiamanten zu einem lupenreinen Spiel. Dazu gehört die Entwicklung der Grafik und der Symbole, weitere Bausteine, derer es immer mehr wurden…. Hierfür war ich, zusammen mit dem Grafiker Michael Menzel, zuständig und Inka und Markus waren in diesem Fall die Sparringspartner.“
Von wegen „Nie wieder!“ Wie geht’s weiter?
André Maack: „Es geht auf alle Fälle weiter! Im Sommer erscheint die englische Version des Spiels und es gibt Anfragen aus Italien, Polen, Frankreich und China.
Wir sind gespannt, in welche Länder uns die Reise in der nächsten Zeit führt.“
Vielen Dank!