Interview mit Galia Zinko

Bild Wunderhaus Verlag, Illustratorin Galia Zinko

Sehr geehrte Frau Galia Zinko,
Wo bist du jetzt, wie geht es Dir in der aktuellen Situation?

Galia Zinko: Vor einiger Zeit habe ich die Ukraine verlassen, jetzt bin ich in Sicherheit.

Ich weiß, dass sich manche Menschen besser fühlen, wenn sie darüber sprechen, was sie erlebt haben, aber mir persönlich helfen meine Arbeit und die Planung der Zukunft am meisten. Bis vor kurzem hielt ich mich für einen „Moll“-Menschen, der zu ständiger Sehnsucht neigte. Jetzt stellt sich heraus, dass ich eine tiefe Optimistin bin.

Die Redaktion: Kannst du derzeit deinen Beruf ausüben?

Galia Zinko: Dank meiner Freunde habe ich die Möglichkeit weiter zu arbeiten. Eigentlich habe ich in das letzte halbe Jahr nur 10 Tage lang nicht gezeichnet. Das waren die Tage, die wir auf der Flucht verbrachten. Nachdem meine Familie und ich an einem sicheren Ort waren, hatte ich bereits ein großes Buch beendet, das nächste begonnen und meinen digitalen Illustrationslehrgang gehalten. Ich hatte also Glück, dass ich mir die Lust an der Arbeit bewahrt habe.

Die Redaktion: Wie bist Du dazu gekommen, Märchen zu illustrieren?

Galia Zinko: Verlage veröffentlichen mehr Bilderbücher für Kinder als für Erwachsene – deshalb. Aber ich illustriere auch Nabokov, Shakespeare und andere Klassiker und moderne Autoren.

Tatsächlich liebe ich Märchen von ganzem Herzen, besonders Volksmärchen. Folklore ist kein Kindermärchen, es sind hochverdichtete kodierte Informationen, die entziffert werden können und sollen. Und es ist unendlich interessant.

Die Redaktion: Du illustrierst so modern und emotional. Ist es etwas spezifisch ukrainisches oder ein persönlicher Stil?

Galia Zinko: Hmm, Menschen nannten meinen Stil „Kinder-Gothic“, aber ich habe selbst eine weitere Definition von „fabelhaftem Realismus“ hinzugefügt.

Ich denke, gerade weil meine Einstellung zu Text, Methoden und Techniken anderen Illustratoren nicht ähnlich ist. Und ich akzeptiere keine Schubladisierung nach Nationalität.

Bild Wunderhaus Verlag, Illustratorin Galia Zinko

Die Redaktion: Du gehörst einer jungen Generation an, liest du deinem Kind selbst auch noch Märchen vor?

Galia Zinko: Mir selbst kommt es auch oft so vor, als ob ich zur jüngeren Generation gehöre, aber das scheint nicht mehr ganz so zu sein :-).

Als Teil des Berufs fand ich es früher auch wichtig, auf der Welle des Neuen zu bleiben und viel zu arbeiten, so dass viele Bücher in möglichst großen Mengen veröffentlicht wurden.

Jetzt möchte ich einfach nur zeichnen, was mich glücklich macht, und nicht die Melodien der Seele eines anderen erraten. Meine Tochter ist erst 2,5 Jahre alt, sie hört gerne Märchen, aber sie weiß noch nicht, dass ihre Mutter sie illustriert 🙂

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.