Sehr geehrter Herr Wülker,
seit dem siebten Lebensjahr machen Sie Musik. Und in diesem Jahr erschien bereits das achte Album. Und da ist es die Mischung, die ankommt. In welcher Musikrichtung fühlen Sie sich als Trompeter richtig wohl?
Wülker: Ich fühle mich in jeder Musikrichtung wohl, zu der ich einen emotionalen und intuitiven Zugang habe und in der ich mich individuell ausdrücken kann. In erster Linie ist das Jazz, aber auch Pop, Funk und die eine oder andere World Music Richtung.
Frage: Nun steht wieder eine große Tour an. Was machen Sie am liebsten, auf der Bühne stehen oder ins Studio gehen?
Wülker: Ich mag beides sehr — im Studio kreiere ich Musik für mehrmaliges Hören zu einem späteren Zeitpunkt und kann mich dabei allen Details widmen. Dort schafft man quasi die „definitive Version“ eines Stücks. Auf der Bühne kreiere ich die Musik im und für den Moment und genieße die Spontanität und gemeinsame Energie mit meinen Mitmusikern und dem Publikum.
Musik ist für mich ein Mittel der Kommunikation und da haben Konzerte den großen Vorteil, dass ich ein direktes Feedback von meinem Publikum bekomme. Nach einer Studioaufnahme muss man dagegen meistens noch lange warten, bis andere die Musik endlich zu hören bekommen.
Frage: Sie haben auf dem Album mit vielen Gästen, wie Max Mutzke oder Xavier Naidoo, zusammengearbeitet. Mit wem würden Sie gern in der Zukunft zusammenarbeiten?
Wülker: Es gibt natürlich viele großartige Musiker, die ich sehr schätze, aber da ich nach Fertigstellung eines Albums noch nie direkt weiß, was das nächste bringen wird, kann ich auch noch nicht sagen, welche Gäste zu meiner zukünftigen Musik passen werden — und das ist das wichtigste.
Frage: Wie Sie wissen, ist Ratgeberspiel ein Spielmagazin für Eltern und für Leute, die gern spielen. Haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?
An was können Sie sich dabei erinnern? Was war Ihnen aus heutiger Sicht dabei wichtig? Und was haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?
Wülker: Ja, ich habe viel mit meinen Eltern gespielt, Brett- und Kartenspiele, mit Spielsachen, aber auch im Schwimmbad oder in der Natur: mit meinem Vater habe ich ein Baumhaus gebaut und wir sind als Indianer durch den Wald gestreift — da mussten auch schon mal träge grasende Kühe als wilde Büffelherde herhalten.
Wichtig waren für mich das gemeinsame Erlebnis, Raum für Fantasie, Neugier und die Freude, Neues zu entdecken und sich auszuprobieren, draußen auch die Freude an der Bewegung. All dies kann meiner Meinung nach auch ein spielerischer Zugang zu Musik und zu Sport bieten.
Frage: Wenn Sie Kinder haben, was spielen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern? Was macht das Spielen mit Ihren Kindern aus Ihrer Sicht aus?
Wülker: Eigene Kinder habe ich noch nicht. Aber wenn ich mit Kindern spiele, finde ich es herrlich zu erleben, wie fantasiereich und experimentierfreudig Kinder sind und wie sehr sie sich in ein Spiel vertiefen können.
Und ich versuche, Kindern einen sehr spielerischen Zugang zu Musik zu vermitteln.
Frage: Und da man ja nicht nur mit Kindern spielt, stellt sich die Frage, was Sie mit Ihren Freunden spielen?
Wülker: Mein Lieblingssport Klettern stellt für mich ein Bewegungsspiel, ein Spiel gegen die Schwerkraft dar — Bewegungsaufgaben, die man häufig im Austausch mit Kletterpartnern kreativ löst. Und generell bietet der Austausch mit Freunden ähnliche Qualitäten wie Spielen, ob man angeregt diskutiert, gemeinsam kreativ herumspinnt oder ausgelassen lacht.
Frage: Heutzutage leiden alle unter Stress und Zeitnot. Dadurch haben oder besser gesagt, nehmen sich Eltern keine Zeit, mit ihren Kindern zu spielen.
Was würden Sie Eltern raten, wie wichtig es wäre, mit ihren Kindern zu spielen?
Wülker: Essentiell. Kindern bieten Spiele Raum zur Entwicklung, sie können sich ausprobieren, ihre Fantasie ausleben, Kreativität und Bewegung schulen. Spielen bietet Erfolgserlebnisse, lehrt aber auch, gelassen zu verlieren. Das gemeinsame Spielen von Eltern und Kindern verbindet. Und auch den Eltern bietet sich sicherlich immer wieder mal eine frische Perspektive, wenn sie sich auf die Sicht der Kinder einlassen.
Frage: Wenn Sie in die Rolle eines Spieleerfinders schlüpfen könnten, welches Spiel würden Sie denn gern einmal erfinden wollen?
Wülker: Es müsste ein dynamisches Spiel sein, das für alle Generationen funktioniert und Raum für Fantasie bietet. Und wenn es den Erwachsenen noch etwas Selbstironie abverlangt, wäre das ein Bonus.
Frage: Was planen Sie für die Zukunft?
Wülker: Im Anschluss möchte ich beginnen, an der Musik für mein nächstes Album zu komponieren. Auch wenn ich jedes Mal wieder vor einem weißen Blatt Papier beginne, macht mir dieser Prozess der Ideenfindung viel Freude.
Wir bedanken uns recht herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Zur Person
Nils Wülker spielt seit dem siebten Lebensjahr Klavier und hat ab dem zehnten Lebensjahr die Liebe zur Trompete entdeckt. Durch den Besuch einer amerikanischen Privatschule hat er für sich den Jazz entschieden und als Vorbild diente ihm der wohl bekannteste Jazzmusiker Miles Davies, der ihn bis heute prägt. Nach dem Abitur ging es zur Musikschule Hanns Eisler nach Berlin und bereits 2002 hat er sein eigenes Plattenlabel Ear Treat Music gegründet.
Dann folgten zwei CDs und auch die ersten Aufträge. Aber erst mit dem dritten Album My Game, welches er mit der norwegischen Sängerin Torun Eriksen aufgenommen hatte, hat er ein Achtungszeichen gesetzt, dass es hier einen Jazzmusiker gibt, der einmal ein ganz Großer werden wird.
Sein Stil ist melodiös geprägt, mit einer leichten Mischung aus Pop und einer Prise Funk. Man hat bei seiner Musik das Gefühl, als ob man dahinschwebt, so einprägsam sind die Melodien. Sehr gekonnt setzt er hier auf Akzente, ohne dabei mit seiner Trompete im Vordergrund spieltechnisch zu stehen.
Er setzt dabei sein Instrument sehr gekonnt ein, welches sich in das Gesamtbild harmonisch einfügt. Und dies ist große Kunst, was nicht jeder beherrscht. Man muss seine Musik wie auch dieses perfekte Album am besten mit einem Glas Rotwein in Stille genießen.