Angesagt – Arpad Fritsche

Bildquelle: Arpad Fritsche

Sehr geehrter Herr Arpad Fritsche,
Sie sind der Autor von BauBoom, einem lustigen Kinder- und Familienspiel, welches bei Amigo verlegt wird.

Die Redaktion: Wie kamen Sie dazu, ein Spiel, in dem Ameisen eine wichtige Rolle spielen, zu entwickeln? Haben Sie Ihre Inspiration aus der Welt mit nach Hause gebracht?

Herr Arpad Fritsche: Die meisten Themen meiner Spiele ergeben sich aus einem genauen Hinsehen des eigenen Umfelds. Besonders für einen visuellen Menschen wie mich.

Und da mir im Freien immer wieder die Ameisen über die Füße gelaufen sind und ihre Ameisenstraße damit neu gelegt haben, lag dieses Thema sehr nah. Nein, nicht ganz.

Leider kann ich mir die Idee mit den Ameisen nicht ans Revers heften. Die kam nämlich vom Verlag. Und ich muss sagen, das haben die verantwortlichen Redakteure wirklich gut umgesetzt.

Die Redaktion: Um was geht es in BauBoom?

Herr Arpad Fritsche: Die Spieler suchen auf einer Ameisenstraße unterschiedliche Bausteine, die sie für den Aufbau eines Ameisenhügels benötigen. Diese erwürfeln sie sich und sammeln sie verdeckt in der eigenen Schubkarre, bis sie wieder an ihren Bauplatz gelangen. Hier werden sie nach einem individuellen Bauplan verbaut. Wem es gelingt, den eigenen Ameisenhügel als Erster aufzubauen, gewinnt den Wettstreit.

Die Redaktion: Wie lange arbeitet ein Spieleautor an einem Spieltitel?

Herr Arpad Fritsche: Das kann ich pauschal so nicht beantworten. Manchmal liegt die Idee ganz klar auf der Hand, so dass es nur einige Testrunden braucht, um ein brauchbares Spiel daraus zu machen. Allerdings trügt der Schein oft, wenn die „richtigen“ Tester das Spiel in die Hände bekommen.

So kommt es eher zu längeren Phasen, die ein Spiel durchlaufen muss, bis es wirklich fertig ist. Das kann mit Unterbrechungen auch einige Jahre dauern.

Bild Amigo
Bild Amigo

Die Redaktion: Sind Spiele für Kinder schwerer zu entwickeln als Spiele für Erwachsene?

Herr Arpad Fritsche: Ich habe Spiele für alle Altersgruppen entwickelt, ob für kleine Kinder ab 3 Jahren oder für Erwachsene. Und kein Spiel ist wie das andere, da die Anforderungen an die jeweilige Altersgruppe sehr verschieden sind.

Die Erwachsenen würden bei einem einfachen Laufspiel schnell „Beine“ kriegen und die Kinder würden bei großen strategischen und taktischen Entscheidungen überfordert sein.

Was aber jedes Spiel in der Entwicklung erschwert, ist die Suche nach dem gewissen „Etwas“, das dem Spiel die Würze gibt und es letztendlich einzigartig macht.

Die Redaktion: Muss ein Spieleautor ständig einen Schreibblock mit sich führen, um schnell seine Ideen aufzuschreiben?

Herr Arpad Fritsche: Im Grunde bin als ich Spieleautor nicht nur Ideengeber, Konzeptionist, sondern auch Verlagsaquisiteur und meine eigene Sekretärin. Da wäre ein Schreibblock sicher gut aufgehoben.

Und in der Tat ist es so, dass ich zielgerichtete Gedanken zu einem möglichen Thema, Spielablauf, Material oder netten Szenarien, die schon im Kopf rumspuken, notiere. Man weiß schließlich nie, in welcher Konstellation man darauf zurückgreift.

Die Redaktion: Wie lange hat es eigentlich gedauert, dass dieses Spiel veröffentlicht wurde?

Herr Arpad Fritsche: Für die meisten Spiele kann eine Umsetzungsdauer von ca. 2 Jahren angesetzt werden. Und bei meinem war es nicht anders. Leider. Man stellt sich oft vor, wenn der Verlag „Ja“ sagt, dann geht alles „ruckzuck“.

Gemessen an dem, was dann noch an Arbeit dran hängt (Grafiken erstellen, Regeln anpassen und optimieren, und letztendlich der individuelle Produktionsablauf), ist das gar nicht so viel Zeit. Bei einem einfachen Kartenspiel dauert das natürlich nicht so lange.

Und man darf eines nicht vergessen: Der Verlag produziert ja nicht nur das eine Spiel.

Die Redaktion: Wie ist eigentlich der Alltag eines Spieleautors. Wird da nur gespielt, so nach dem Motto der „ganze Arbeitstag ist ein Spiel“? Sind Sie hauptberuflicher Spieleautor?

Herr Arpad Fritsche: Es gibt schon große Unterschiede zwischen Profis und Amateuren, Spieleautoren, die von ihrer Arbeit leben können oder denjenigen, die es nur als Hobby betreiben.

Ich gehöre zu den Letzteren. Trotzdem begleitet mich das „Spielen“ bei einem Großteil meiner Freizeit und das nicht nur beim Spiele erfinden und testen, sondern auch im Spielclub oder privaten Spieleabenden.

Aber es ist keineswegs so, dass sich alles ums Spielen dreht. Der Weg kann sehr beschwerlich sein, wenn die verwendeten Mechanismen nicht greifen oder die Spieler dabei keinen Spaß haben. Nicht zuletzt muss dafür gesorgt werden, dass der passende Verlag das Spiel auch gut findet. Jeder Freischaffende kennt die zeitraubenden Aufgaben, die damit einhergehen. Da bleibt fürs eigentliche Spielen oft gar keine Zeit mehr.

Bei mir hält es sich noch in der Waage, da ich das „Spiele entwickeln“ momentan nur als Hobby betreibe.

Bild Amigo Spiele
Bild Amigo Spiele

Die Redaktion: Was geht in einem Autor vor, wenn man bei der Preisverleihung der Jury Spiel des Jahres auf die Bühne gebeten wird?

Herr Arpad Fritsche: Da ich selbst noch nicht das Vergnügen hatte, kann ich nur mutmaßen und andeuten, was mir vielleicht durch den Kopf ginge, wenn es einmal dazu kommt.

Mein erster Gedanke: Das wäre sicher ein solch großes Glücksgefühl, ähnlich dem eines Schauspielers bei der Oscarverleihung.

Mein zweiter Gedanke: Natürlich pure Freude darüber, dass es mir als Autor gelungen wäre, nicht nur juriert und nominiert worden zu sein, sondern sich dabei auch noch gegen eine Vielzahl anderer Autoren durchgesetzt zu haben. Am Ende heißt es dann wie beim Hylander: “Es kann nur einen geben.“

Die Redaktion: Was würden Sie jungen Menschen empfehlen, wenn diese auch gern Spieleautor werden wollen?

Herr Arpad Fritsche: Ein Spiel zu entwickeln und damit Spieleautor zu werden, mag an und für sich nicht weiter schwer sein. Mit einer guten Idee hat der Autor zumindest die richtigen Voraussetzungen dafür. Dieses Spiel aber auch noch zeitnah zu veröffentlichen, beinhaltet schon das erste Problem: Man ist nicht der einzige Spieleautor.

Ein vermeintlich gutes Spiel ist keine Garantie, dass dieses jemals auf „den Ladentisch “ kommt. Und jeder kann es sich abschminken, von heute auf morgen in diesem Berufsfeld als Autor überleben zu können.

Ich möchte nicht alles madig machen. Wer sich wirklich darauf einlassen will, erfährt aber auch einen guten Zusammenhalt und Austausch unter Spieleautoren und natürlich Spaß beim Spielen und Testen.

Die Redaktion: Wie sind Sie zum Spielen gekommen?

Herr Arpad Fritsche: Ich gehöre noch zu der Generation, die mit den klassischen Spielen „Mühle, Dame, Schach“ und auch „MenschÄrgereDichNicht“ aufgewachsen ist.

Mit dem „Spielekoffer“ in den 70er Jahren ging es weiter.

Doch die spannende Entwicklung all der unterschiedlichen Spiele bis heute fasziniert mich noch immer. Und da bin ich einfach dabei geblieben.

Die Redaktion: An was können Sie sich dabei erinnern? Was war Ihnen aus heutiger Sicht dabei wichtig? Und was haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?

Herr Arpad Fritsche: In erster Linie das Gefühl, alles um mich herum vergessen zu können. Gab es vorher eine Standpauke, so war das später beim Spielen nicht mehr wichtig. Ich konnte dann alles hinter mir lassen. Schon das Diskutieren darüber, was gespielt wird, war ein ernst zu nehmendes Vorspiel. Und jeder, der, wie ich, mit einem Bruder aufgewachsen ist, kann das sicher nachvollziehen.

Das Leben ist wie ein Spiel. Es verändert sich mit jeder getroffenen Entscheidung. Im Spiel lernen auch die Kinder den Umgang mit anderen immer besser.

Draußen im Park oder auf dem Spielplatz gilt: „Wenn man fällt, steht man wieder auf.“

Drinnen am Spieltisch gilt: „Mal gewinnt man, mal verliert man.“ So funktioniert das Leben.

Dieses Leben spielerisch zu erkunden, sollte keinem Kind vorenthalten werden.

Die Redaktion: In Deutschland wird schon immer sehr viel gespielt. Wie können Eltern dabei das richtige Spiel für ihre Kinder finden?

Herr Arpad Fritsche: Es gibt pauschal gesehen nicht das eine „richtige“ oder „falsche“ Spiel. Beim Spielen ist nicht nur einfach das „Spielen“ im Allgemeinen und das darin enthaltene „Gewinnen“ wichtig, sondern auch das „gemeinsame Erleben“ eines guten Spiels. Zusammen in eine Fantasiewelt abzutauchen lässt den Zauber beim Spielen entstehen.

Dabei den Alltag hinter sich zu lassen ist für die Erwachsenen ein begleitender Vorteil. Für die Kinder ist es ein unübertroffener Spaß und ein wahres Feuerwerk, es mit den Eltern zu erleben.

Eine erste Auswahl können Eltern sicher treffen, wenn sie die Interessen ihrer Kinder kennen. Ich bin sicher, dass es zu allen möglichen Themen dieser Welt ein passendes Spiel gibt. Und dabei ist es unerheblich, ob es Piraten, Wikinger, der einfache Bauernhof oder Ameisen sind, die ihren eigenen Hügel aufbauen.

Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?

Herr Arpad Fritsche: In meinem imaginären Ideenkoffer habe ich noch unzählige Konzepte, die heraus wollen.

Was es davon an die Spitze meiner Prioritätenliste schafft, kann ich noch nicht sagen.

Nur so viel: Ich versuche weiterhin Spiele zu erfinden, die den Geschmack der Spieler treffen.

Wir bedanken uns recht herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.