Producer

Bild Benjamin Wolf/ Bildrechte astragon

Sehr geehrter Herr Benjamin Wolf,
Sie arbeiten als Producer bei astragon. astragon ist für seine guten und vielfältigen Simulationen bekannt.

Die Redaktion: Wie wird man eigentlich Producer bei astragon? Ist dies ein Lehrberuf?

Benjamin Wolf: Der Producer ist ein nicht genauer spezifizierter Projekt Manager der, je nach Anstellung, auch recht unterschiedliche Aufgaben im Tagesgeschäft wahrnehmen kann. In meinem Fall habe ich eine Ausbildung zum Medieninformatiker abgeschlossen und dann ein Studium mit Auslandsjahr in Großbritannien im Bereich Game Development angehängt.

Viele private Schulen und Fachhochschulen bieten mittlerweile allerdings Studiengänge an, die sich unter anderem auch mit dem Thema Projektmanagement im Games-Bereich auseinandersetzen.

Die Redaktion: Müssen Sie als Producer gutes Verhandlungsgeschick haben, um zwischen dem Entwickler und dem Publisher vermitteln zu können?

Benjamin Wolf: Es stimmt, dass ein gewisses Feingefühl und Menschenkenntnis definitiv vonnöten sind, um immer das Beste für beide Parteien und vor allem das Projekt herausholen zu können.

Die Redaktion: An welchen Projekten haben Sie bereits gearbeitet?

Benjamin Wolf: Angefangen habe ich mit kleineren Studienprojekten. Über die Jahre sind dann größere Titel wie Assassins Creed Identity für Ubisoft und die Bau-Simulator-Reihe für astragon hinzukommen. Dazwischen gab es viele kleinere Projekte, wie zum Beispiel Police Tactics: Imperio, Industry Manager: Future Technologies, Transroad: USA, Police Simulator: Patrol Duty und diverse Ableger des Bau-Simulator auf Mobilgeräten, PC und Konsolen.

Die Redaktion: Wie lange dauert die Entwicklung eines neuen Spiels, also von der Idee bis zum Endprodukt im Handel?

Benjamin Wolf: Falls die Idee für ein neues Produkt bei uns im Haus entsteht und wir uns daraufhin erst einmal auf die Suche nach einem passenden Entwicklerteam machen müssen, können zwischen dem ersten Entwurf und dem finalen Produkt durchaus hin und wieder 2 bis 3 Jahre vergehen. Ausnahmen und Ausreißer gibt es natürlich in beide Richtungen. Hierbei kommt es immer auch auf die Zielplattform und den Umfang des Spiels an.

Die Redaktion: An welchem Projekt haben Sie zuletzt gearbeitet? Wie ist es zu dieser Idee gekommen? Wie viele Kollegen aus Ihrem Haus haben an dem Projekt gearbeitet?

Benjamin Wolf: Momentan sind wir weiterhin dabei, die Bau-Simulator-Marke auszubauen. Die jüngsten Titel der Reihe sind die „Bau-Simulator 2 US – Console Edition“ für Nintendo Switch und der „Bau-Simulator 3“ für mobile Endgeräte. Diese Reihe hat schon Tradition bei astragon und wir versuchen immer neue Märkte zu erschließen. Daher auch der erstmalige Ausflug auf die Nintendo Konsole.

Bei uns im Haus haben wir immer feste Teams, die sich um einen Titel kümmern. Je nach Größe des Projekts können das auch schonmal um die 15 sogenannte „Stakeholder“ sein. So bezeichnen wir alle Kollegen und Kolleginnen, die an einem Projekt beteiligt sind.

Sie kommen aus ganz verschiedenen Abteilungen wie dem Producing, dem Produktmanagement, dem Sales-, Marketing- und PR-Team und haben ganz unterschiedliche wichtige Aufgaben. Alle nehmen an regelmäßigen Meetings teil und stimmen sich ab.

Bild Bau-Simulator/ Bildrechte astragon

Die Redaktion: Wer arbeitet eigentlich alles an der Entwicklung eines neuen Spiels mit?

Benjamin Wolf: Auf Entwicklerseite ist das natürlich das gesamte Spektrum von Programmierern, Künstlern, Projektmanagern, Testern, Sound-, und Audio-Artists und deren jeweilige Unterkategorien. Auf der Seite eines Publishers wie astragon kommen dann noch das dortige Projektmanagement, der Produktmanager, die Sales-Abteilung, die Marketing-Abteilung, die PR-Abteilung, das Community Management und etwaige zusätzliche Tester und externe Dienstleister hinzu.

Das könnten Künstler oder Musiker sein, aber auch weitere Tester, die explizit auf die Anforderungen bestimmter Endgeräte spezialisiert sind.

Die Redaktion: Kann man in der Entstehungsphase seinen Ideen dazu freien Lauf lassen oder gibt es konkrete Vorgaben durch das Unternehmen?

Benjamin Wolf: Natürlich haben wir als Unternehmen zu Beginn eine bestimmte Version vor Augen, auf deren Grundlage wir uns dann auch erstmals mit dem jeweiligen Entwicklerteam zusammensetzen.

Aber Spiele zu entwickeln, ist etwas schwieriger, als es zum Beispiel bei einfacher Anwendungssoftware der Fall ist. Spiele müssen nämlich nicht nur funktionieren, sondern sollen vor allem auch Spaß machen oder den Spieler auf andere Art und Weise erreichen.

Wir sind also von Anfang an sehr offen für neue Ideen und Vorschläge, um das Spiel zu verbessern und wir stellen mit jeder neuen Version, die im Laufe des Entwicklungsprozesses entsteht, auch noch einmal die Spielmechaniken auf den Prüfstand. Mein Job ist dabei, genau die Balance zwischen den verschiedenen Aspekten zu halten, um nicht zusätzliche Kosten zu verursachen, aber trotzdem ein Spiel zu erhalten, welches nicht nur unsere Vision wiederspiegelt, sondern auch den Erwartungen der zukünftigen Käufer entspricht.

Die Redaktion: Kommen die Entwickler zu Ihnen oder suchen Sie gezielt Entwickler für Ihre Spiele aus?

Benjamin Wolf: Beide Varianten kommen vor. Wenn es, wie oben beschrieben, um eine Idee geht, welche wir selbst entwickelt haben, suchen wir die Entwickler aus. Es kommt aber immer wieder vor, dass uns ein Entwickler eine Idee oder sogar ein schon in der Entwicklung befindliches Spiel präsentiert.

Letztendlich kaufen wir auch bereits fertige Spiele ein, um sie dann für den jeweiligen Entwickler zu vermarkten.

Bild Astragon

Die Redaktion: Muss man als kreativer Kopf der Entwicklung ständig mit einem Notizzettel herumlaufen, um schnell seine Ideen aufzuschreiben?

Benjamin Wolf: Entweder das oder man muss ein gutes Gedächtnis haben. Spaß beiseite, ein großer Teil des Jobs ist die Dokumentation und die Kommunikation zwischen den Abteilungen und dem Entwickler.

Es ist also eher so, dass die Ideen sofort mit den anderen Kollegen besprochen werden und wir die Entscheidung dann festhalten. Es kommt natürlich trotzdem vor, dass einem unterwegs oder zu Hause Ideen einfallen. Die werden dann entweder schnell ins Handy getippt oder schon einmal über Skype in die Projektgruppe gepostet, damit die anderen Stakeholder sich ebenfalls eine Meinung bilden können.

Die Redaktion: Wie sieht die Zukunft der Computerspielbranche aus? Werden wir bald wie bei Star Trek ein Teil des Spiels selber sein?

Benjamin Wolf: Wer sich die aktuelle Branche anschaut, wird schon jetzt feststellen, dass sich vieles in Richtung Interaktivität und Virtual Reality bewegt. Ich glaube wir sind noch nicht ganz so weit, um Virtual Reality und Augmented Reality für jeden zugänglich zu machen, aber ich denke, da kommen wir in den nächsten Jahren hin.

Spiele werden immer realistischer und die Möglichkeiten, die uns die Technik bereits bietet, sind nahezu unbegrenzt. Es muss nur für den Endkunden bezahlbar und interessant bleiben. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was da in den nächsten Jahren noch alles auf uns zukommt.

Die Redaktion: Muss man eigentlich spielaffin sein, um als Producer zu arbeiten?

Benjamin Wolf: Definitiv. Wenn man keine Filme mag, wird man ja auch nicht Regisseur oder Schauspieler. Es ist theoretisch auch ohne Bezug zum Spielen möglich, aber gerade das ist es ja, was die meisten von uns in die Branche gebracht hat.

Das Hobby zum Beruf zu machen und vielleicht sogar an dem Spiel mitzuarbeiten, das man sich selbst immer erträumt hat. Jeden Tag mit Gleichgesinnten zu fachsimpeln und am Ende die Reaktion der Fans auf etwas, das man selbst mit geschaffen hat, erleben.

In meiner Freizeit spiele ich nach wie vor gerne, auch wenn ich nicht mehr so viel Zeit wie früher habe. Sich neue Ideen zu holen und zu sehen wie es die anderen machen, verbessert letztendlich auch meine Projekte.

Bild Benjamin Wolf/ Bildrechte astragon

Die Redaktion: Haben Ihre Eltern mit Ihnen gespielt?

Benjamin Wolf: Computerspiele nicht ganz so häufig, aber wir haben von klein auf immer schon Brettspiele und Kartenspiele gespielt. Als Kind habe ich auch viel Zeit draußen verbracht, Buden gebaut und mit Stöcken gekämpft. Wir spielen auch heute noch oft, wenn wir uns sehen. Mal ist es ein Spiel auf der PlayStation, mal ist es das neuste Brettspiel. Zu Weihnachten gehört das quasi schon zur Tradition.

Die Redaktion: Können Sie sich dabei an einen besonderen Moment erinnern?

Benjamin Wolf: Eine ganze Zeit lang kam mein Vater abends nach der Arbeit immer zu mir ins Zimmer und wir haben ein paar Runden Fifa oder Need for Speed gespielt. Nach nicht allzu langer Zeit kam es aber auch mal vor, dass ich nach Hause kam und mein Vater bereits an der Konsole saß und ein paar Runden gezockt hat. Das ist schon witzig.

Die Redaktion: Spielen Sie eigentlich noch selber?

Benjamin Wolf: Wie bereits erwähnt, spiele ich seltener als vorher, aber immer noch sehr gerne. Da meine Frau auch gerne spielt, lässt sich das super vereinbaren und oft spielen wir auch zusammen.

Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?

Benjamin Wolf: Jade Raymond. Jade hat mich damals ein bisschen zum Producing gebracht. Sie war beim ersten Assassins Creed Producerin und ich weiß noch, dass ich sogar ein Poster von ihr im Zimmer hatte.

Das erste Assassins Creed hat mich damals so umgehauen, dass ich es unzählige Stunden gespielt habe. Dass ich später mal sogar selbst an einem Titel der Reihe mitarbeiten durfte, kann ich bis heute nicht fassen. Ich denke an so einem Spieleabend könnte ich noch viel lernen und einige interessante Details zu den Spielen meiner Jugend hören.

Die Redaktion: Können Sie sich vorstellen, vielleicht auch einmal ein Brett- oder Kartenspiel zu entwickeln?

Benjamin Wolf: Ja definitiv. Es ist zwar ein anderes Medium, aber letztendlich ist ein Brettspiel zu entwickeln, sicherlich genauso spannend und interessant wie ein Computerspiel. Ich habe sogar Kollegen die bereits nebenbei Brettspiele entwickeln oder sich dem Medium ganz zugewandt haben.

Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?

Benjamin Wolf: Ich möchte mich selbst und die Spiele, an denen ich mitwirke, weiterentwickeln. Spiele kommen langsam mitten in der Gesellschaft an, aber ich denke da ist noch Luft nach oben.

Ich war immer der Meinung, es gibt für jeden das passende Spiel, auch wenn man sich selbst vielleicht nicht als Gamer bezeichnen würde. Bis jetzt habe ich noch niemanden getroffen der nicht gerne mal spielt. Die Frage ist nur was?

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.