Angelika Jungwirth

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Sehr geehrte Frau Angelika Jungwirth,
Wie wird man Autorin? Worin bestand der innere Antrieb, Bücher zu schreiben und zu gestalten?

Angelika Jungwirth: Es ist ein Kommunikationsbedürfnis, welches, begleitet von der beruhigenden und meditativen Wirkung, den inneren Antrieb hervorruft. Man taucht ab, versinkt auf eine Ebene, die man sonst nicht betreten kann. Vergleichbar mit dem Lesen. Schon alleine die Materie Papier und Feder, – ich schreibe noch mit Hand und tippe dann zur Korrektur ab – entschleunigen und befreien aus der technischen Gebundenheit.

Sehr bald hat das Schreiben einen festen Platz in meinem Leben übernommen. Vorerst mit den Briefkontakten als junges Mädchen, später als Teenager mit dem Tagebuchschreiben und den Liebesbriefen, die zu meiner Zeit noch mit Briefmarken in den Postkasten wanderten.

Als dann die Kinder aus dem Gröbsten heraußen waren, stellte ich fest, dass der Griff zur Feder blockiert war. Entsetzt darüber, das Schreiben anscheinend verlernt zu haben, fand ich Abhilfe in verschiedenen Schreibseminaren und -workshops und es begann, zu meiner Freude, wieder zu fließen. In der Gruppe zu schreiben ist ein wunderschönes Erlebnis und daher sehr empfehlenswert.

Die Gestaltung, also die Illustrationen meines Buches, wollte ich vorerst an eine meiner Grafikkolleginnen auslagern. Daraus wurde aber nichts und ich griff erneut zur Feder. Diesmal aber zum Zeichnen. Die inneren Bilder umzusetzen, ging mir so leicht von der Hand, dass ich selbst überrascht war.

Das Schreiben ist wie ein Teil von mir, der mitgewachsen ist.

Die Redaktion: Ihr neues Buch heißt „Bernie Bär und andere Geschichten“. Wovon handelt das Buch?

Angelika Jungwirth: Mein neues Buch „Bernie Bär und andere Geschichten“ umfasst fünf Kurzgeschichten. Jede Geschichte für sich versetzt den Leser in die Tiefe der Seele eines Kindes.

Ich greife dabei verschiedene Problematiken auf, die beim „Erwachsenwerden“ entstehen können und wie sie durch die Beziehung zu den Tieren gelöst werden können. Ich möchte die Scheu davor nehmen, tiefer in das eigene Herz zu schauen und eventuell bisher unbekannte Verhaltensmuster zu erkennen und aufzulösen.

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Die Redaktion: Die Geschichten sind so warmherzig geschrieben und sie lassen den Leser in eine Welt eintauchen, die sie aus ihrer Kindheit kennen und die jetzt nur verlernt haben, Kind zu sein: Wie kommt man als Autorin auf solch eine Idee, ein Märchen für Erwachsene zu schreiben? Wobei ich mir sage, dass die Geschichten auch für Kinder sind?

Angelika Jungwirth: In Erinnerung an die feine und wunderbare Art meines Großvaters, aus Grimms Märchen vorzulesen, nahm ich diese Bücher als erwachsene Frau in die Hand und es wuchs der Wunsch, Märchen schreiben zu wollen.

Und wie man weiß, folgt das Tun dem Wollen, oder wie der Volksmund auch sagt: „Geist formt Materie“. Mit der Zeit entstanden dann die verschiedenen Geschichten.

Das ist interessant, dass Sie meine Geschichten in erster Linie als Märchen für Erwachsene sehen. Finden Sie nicht auch, dass nur der wirklich erwachsen ist, der Kind sein kann?

Die Redaktion: Wie kommt man als Autorin zu den vielen Namen seiner Figuren in der Geschichte?

Angelika Jungwirth: Ich versuche die Namen so prägnant wie möglich auszusuchen, was die Geschichte vereinfacht und für den Leser weniger verwirrend macht. Die Namen der Figuren entstehen aus der bildlichen Vorstellung derjenigen. Wenn eine Figur, zum Beispiel, grün ist und große Augen hat, würde „Frogno“ gut passen.

Die Redaktion: Wie viel von Ihnen selbst steckt in den Geschichten?

Angelika Jungwirth: Natürlich steckt ein Stück meiner eigenen Kindheit mit in den Geschichten. Orte, wo ich mit meiner Familie gelebt habe. Erlebnisse, die mich in meiner Entwicklung geprägt haben.

Die Kindheit ist ein wundervoller und kostbarer Teil im Menschen. Wie ein Schatz, der gehoben werden möchte. Und so hat das Schreiben der Geschichten ebenso Altes, wie auch Neues in mir wach werden lassen. Das Schreiben ist eine Reise und man weiß am Anfang nicht, wo sie einen hinführt.

Die Redaktion: Wir sind ein Familienspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?

Angelika Jungwirth: Ihr Anliegen, die Erwachsenen zu animieren, mit ihren Kindern zu spielen, sehe ich als einen sehr lobenswerten Akt, um die Sozialisation der Heranwachsenden zu unterstützen. Vor ein paar Jahren habe ich für eine oberösterreichische Monatsillustrierte einen Artikel zu diesem Thema geschrieben. Die Kinder erfahren in der Phase des Spielens ihre Charaktere und die verschiedenen Facetten darin.

Wie geht man mit Stresssituationen um, was unterlässt man, um den anderen nicht zu verletzen und wie setzt man sich durch? Auch: wie reagiert der andere und wenn es zu Eskalationen kommt, wie geht man damit um?

Bei uns zu Hause wurden folgende Spiele gespielt:

Mensch ärgere dich nicht, Schwarzer Peter, Master Mind, Schach, Schnapsen, Quartett in den verschiedenen Variationen, Stadt-Land-Fluss, Vier gewinnt, Würfelpoker, Rummy und Canasta.

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Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?

Angelika Jungwirth: Ich liebe es zu spielen. Vor allem mit jemandem, der Spaß versteht und geduldig sein kann.

Bei einem Spiel lernt man einen Menschen wirklich kennen: kann er nachgeben, hat er Freude am gegenseitigen Necken oder nimmt er alles todernst?

Es ist die Interaktion, die das Spielen reizvoll macht.

Spontan würde mir Michael Jackson einfallen. Ich glaube, dass er Spaß verstanden hat.

Spaß verstehen: die beiden Worte muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Um Spaß haben zu können, muss man verstehen, dass es nicht um einen Wettkampf geht, sondern darum, sich näher zu kommen. Der andere will einem nichts Böses, sondern möchte einen besser kennenlernen, indem er in gewissen Situationen auf spielerische Art und Weise herausfordert.

Die Redaktion: Welches Spiel spielen Sie am liebsten? Und was spielen Sie heute mit Ihren Freunden?

Angelika Jungwirth: Ich spiele am liebsten Schach. Vermutlich, weil ich so selten die Gelegenheit dazu habe, da die wenigsten die nötige Geduld dafür aufbringen können. Daher einigen wir uns dann meistens auf Würfelpoker.

Die Redaktion: Was schätzen Sie am gemeinsamen Spiel?

Angelika Jungwirth: Ich schätze es, die Zeit mit Freunden zu vertrödeln. Scheinbar sinnlos und gewinnlos miteinander Spaß zu haben. Gemeinsam zu spielen ist etwas Großartiges, denn es werden dadurch die Türen zu einer Ebene geöffnet, die ohne Raum und Zeit existieren kann.

Die Redaktion: Die Welt ist nicht mehr die wie vor 14 Tagen. Was denken Sie, wenn Sie die Nachrichten verfolgen? Und können Geschichten, die Sie geschrieben haben, Kinder für eine kurze Zeit diese Nachrichten vergessen lassen?

Angelika Jungwirth: Mir stellt sich immer wieder die Frage: was ist wahr? Ich bin den Medien gegenüber eher skeptisch eingestellt und informiere mich über persönliche Berichterstattungen von beteiligten Menschen.

Es ist eine sehr anstrengende und herausfordernde Zeit, in der wir leben, und ich hätte es nicht für möglich gehalten, in dieser Zeit zu leben.

Nächste Woche kommt meine Hündin aus Rumänien zu mir angereist. Es ist mein erster Hund und ich freue mich schon sehr auf sie.
Im Umgang mit Tieren spüre ich die Verbindung zum Herzen am allerbesten. Genau das versuche ich auch in meinen Geschichten zu vermitteln.

Darum kann ich Ihre zweite Frage mit einem eindeutigen „Ja“ beantworten.

Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?

Angelika Jungwirth: In die Zukunft zu planen, ist generell nicht so mein Ding, da ich ein spontaner Mensch bin und mich von Gott führen lasse.
Weil die nahe Zukunft sehr ungewiss ist, versuche ich mit den Füßen am Boden und mit dem Kopf im Himmel zu bleiben.

Vor Jahren habe ich mit dem Gedanken gespielt auszuwandern. Da mir aber der Kontakt zu meinen Kindern sehr wichtig ist, bin ich in Österreich geblieben und von meinem Ursprungs-Bundesland Oberösterreich nach Niederösterreich übersiedelt.

Es liegt mir sehr am Herzen, dass es meiner Familie gut geht und ich versuche meinen Beitrag dazu zu leisten. Worüber ich mich sehr freuen würde, ist, Oma zu werden. Nur liegt das nicht in meinen Händen, sondern in Gottes Händen und er wird´s wohl machen.

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 20 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.