
Sehr geehrte Frau Julia Steinmann,
Sie sind als Autorin tätig. Aus Ihrer Feder stammt das Buch Tuli.
Die Redaktion: Können Sie sich selbst bitte mal kurz vorstellen, für diejenigen, die Sie noch nicht kennen?
Julia Steinmann: Ich bin 42 Jahre alt und lebe mit meiner Familie zusammen mit Katze und Bienen am Rande Berlins.
Als Bildende Künstlerin (Skulptur/Installation) arbeite ich hauptsächlich mit räumlichen Mitteln, aber seitdem ich selber Kinder habe, male ich wieder sehr gern mit und für Kinder.
Auch setzte ich mich für Kulturelle Bildung in Kitas ein und unterstütze das Projekt geräuschmusik von Daniela Fromberg und Stefan Roigk in Berlin.
Die Redaktion: „Tuli“, um was geht es in dieser Geschichte?
Julia Steinmann: Tuli ist eine junge Eule, die neugierig den Tag erkundet und so die Farben in ihrer Umwelt entdeckt. Nachts vermisst sie diese. Ihre Geschwister ahnen nichts von der Farbenpracht des Tages und fliegen nur in der Nacht.
Als Tuli widerwillig mitfliegt, kommen die Farben plötzlich zum Vorschein und färben die Nacht dunkelbunt.

Die Redaktion: Wie sind Sie auf die Idee für dieses Buch gekommen?
Julia Steinmann: Meine Tochter gab mir den Anstoß, als sie noch sehr klein war und sich abends „gelben Noten“ als Einschlaflied wünschte. Das faszinierte mich. Später hatte ich das Bild einer Eule im Kopf, die durch ihren Flügelschlag Farben durch die Nacht wirbelt.
Die Frage, womit Kinder Farben verbinden und wodurch sie für sie wichtig sind, ließ mich nicht los. Wo kommen Farben vor und welche Beziehung zum Erleben steckt darin?
Mit einer Eule, welche als hochsensibles Wesen meilenweit hören und sehr scharf sehen kann, war es denkbar, auf dessen Spur die Farben in der Natur zu erkunden.
Daraus entwickelte ich anhand von Bildskizzen die Geschichte. Mir war dabei wichtig, starke Bilder zu schaffen, in die man sich gerne versenken mag und ein visuell sinnliches Erlebnis haben kann.
Die Redaktion: Wie lange haben Sie an dieser Geschichte gearbeitet?
Julia Steinmann: Mindestens ein ganzes Jahr, wenn ich das summiere…
Die Redaktion: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Kinderbücher zu schreiben? Und warum schreiben Sie nicht für Erwachsene?
Julia Steinmann: Ich schätze Bilderbücher als ein wunderbares Medium für Kinder und Erwachsene. Zum Gedankenaustausch und zur sinnlichen Anregung. Ich suchte tiefe, dichte Bildwelten, die aber nicht bedrohlich wirken. Bildwelten, die ich als Kind liebte und die meine Kinder auch bevorzugen.
Da diese Bücher selten zu finden sind, wagte ich dieses Unterfangen. Und ich merke Geschichten in Bildern zu erzählen entspricht mir.
Ein Bilderbuch für Erwachsene kommt vielleicht noch?!

Die Redaktion: Wir sind ein Kinderspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?
Julia Steinmann: Meine Eltern haben sich wahrscheinlich über unser freies Spielen gefreut und, wenn nötig, unsere Ideen mit ihrem Können unterstützt. Wir bekamen Zeit und Muße dazu und ihr Vertrauen.
Wir waren viel draußen mit den Nachbarskindern und haben am kleinen Bach Staudämme gebaut, Weidenruten gesteckt (heute stehen da Bäume), auf dem Erdhügel Feuer gemacht und Versuche gestartet Lehm zu brennen. Bei Regen haben wir Regenschirmhütten oder drinnen Höhlen aus allem Möglichen gebaut.
Es waren letztendlich immer komplexe Geschichten, im Kinderkollektiv entwickelt. Wir durften auch an das Werkzeug und haben Seifenkisten oder ähnliches gebaut. Zirkusaufführungen einstudiert, mit dem Diktiergerät einen Krimi aufgenommen usw… Meine Mutter hat immer wieder mal mit uns getanzt.
Mein Vater hat einmal unsere kaputten Puppen auf dem Teewagen mit Nadel und Faden, Mundschutz und Spritze operiert. Wir waren die Assistenten im OP: „Wunde halten … jetzt tupfen bitte.“- Sehr eindrucksvoll!
Die Redaktion: Was war Ihnen dabei wichtig, wenn Sie mit Ihren Eltern oder Geschwistern gespielt haben?
Julia Steinmann: Dass es ein ‚Spiel‘ war, welches sich echt anfühlte, auch wenn wir uns des Spielens bewusst waren. Spiel ist Ernst, echtes Abenteuer und selbstorganisiert!
Wenn jeder mit seinen wertvollen Ideen einbezogen wurde und Kommunikation auf allen Ebenen stattfand, gelang es besonders.
Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?
Julia Steinmann: Astrid Lindgren mit Pippi Langstrumpf, Kurt Schwitters und der Kleine Prinz von Saint-Exupéry wären interessant, der Tisch könnte zum Flugzeug werden…
Die Redaktion: Welches Spiel spielen Sie am liebsten? Und was spielen Sie heute mit Ihren Freunden?
Julia Steinmann: Zeichnen, Malen, Sägen, Schrauben, Dinge bauen…
Mit Freunden unterhalte ich mich lieber und wir kochen zusammen. Philosophieren oder Debattieren ist auch ein Spiel. Ein Spiel in Gedanken.
Die Redaktion: Schummeln Sie auch gern mal im Spiel?
Julia Steinmann: Wenn wir mal Kartenspiele oder Würfelspiele spielen, lieber nicht, denn da werde ich ertappt (meine Nasenflügel kräuseln sich…)!
Die Redaktion: Könnten Sie sich vorstellen, auch selbst mal ein Spiel zu erfinden?
Julia Steinmann: Vielleicht.
Die Redaktion: Welches Spielthema würde Sie dann reizen?
Julia Steinmann: Zum Beispiel Verwandlung
Die Redaktion: Wenn Sie eine Sache auf der Welt verändern dürften, was wäre das?
Julia Steinmann: Den unbedingten Friedenswillen aller Menschen würde ich gerne verstärken! Scheint ein Dauerthema der Menschheit zu sein.
Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?
Julia Steinmann: Ein nächstes Buch.