Sehr geehrter Herr Marko Simsa,
Sie feiern in diesem Jahr die 20-jährige Zusammenarbeit mit dem Verlag JUMBO Neue Medien. Können Sie sich daran erinnern, mit welchem Projekt Sie hier gestartet sind?
Marko Simsa: Ja, klar, das war ja eine große Sache für mich, meine erste CD bei einem großen Verlag in Deutschland. Es war eine Aufnahme mit der mittlerweile legendären Boogie-Woogie-Gang, die seit über 40 Jahren auf Österreichs Bühnen präsent ist.
Die CD hieß „Mit Ketchup und Pommes Frites – Boogie-Hits für freche Kids“. Durchgestartet bin ich dann aber kurze Zeit später mit meinem wohl erfolgreichsten Projekt „Mozart für Kinder. Nachtmusik und Zauberflöte“.
Da hat vieles zusammengespielt: Die Nachfrage war groß, ich komme aus Wien und präsentiere Mozart, der in meiner Stadt viele Jahre gelebt und gewirkt hat und vor allem: ich präsentiere es auf recht unkonventionelle und humorvolle Art und Weise. Das Programm ist mittlerweile auch als Buch mit CD erhältlich und nach wie vor einer unserer „Dauerbrenner“!
Die Redaktion: Woher nehmen Sie die vielen Ideen, denn man könnte sich vorstellen, dass nach 20 Jahren man schon alles einmal gemacht hat?
Marko Simsa: Ja, das könnte man meinen, aber dann passiert z.B. eine Situation wie 2015, als sich so viele Menschen aus den arabischen und persischen Ländern zu uns auf den Weg machten. Die Medien schrieben vor allem über die vielen Probleme, die damit einhergingen.
Unsere Kinder hörten von Kriegen und Flüchtlingen in den Nachrichten, aber niemand erzählte, was denn die Kinder und Menschen in ihrer Heimat gern tun und wie sie eigentlich leben, wenn kein Krieg herrscht und sie sich nicht fürchten und nicht flüchten müssen.
Und so entstand mein neues Projekt „Das bunte Kamel. Eine musikalische Reise durch den Orient“, bei dem wir von Kamelen, von einem Bazar im Libanon, von den hohen Bergen im Iran und von einem wunderschönen Picknick in Syrien erzählen.
Dazu erklingt Musik von meinen Kollegen, die in diesen Ländern geboren wurden und mir erzählt haben, was sie als Kind am liebsten gemacht haben…
Ich bin sehr froh, dass ich bei JUMBO einen Verlag gefunden habe, der mich neben der Vermittlung von klassischer Musik auch diese Weltmusikprojekte verwirklichen lässt.
Als Lohn wurden wir übrigens soeben für den Kindermedienpreis „Leopold“ nominiert, der vom Verband deutscher Musikschulen in Kooperation mit dem WDR vergeben wird!
Die Redaktion: Bei den zahlreichen und umfangreichen Projekten arbeiten Sie mit vielen großen Musikern zusammen, wie bei Peter und der Wolf, wo Sie mit den WIENER SYMPHONIKERN zusammengearbeitet haben.
Wie kommt eine solche Zusammenarbeit zustande? Rufen Sie da einfach an, nach dem Motto, ich habe hier was Tolles für euch?
Marko Simsa: Nun, da kommt mir natürlich zugute, dass ich mittlerweile seit mehr als dreißig Jahren mit Konzerten für junges Publikum auf der Bühne stehe. Sehr viel helfen auch meine Bücher und CDs, die gerade in der Musikszene sehr verbreitet sind.
Insofern kommen immer wieder Anrufe von Veranstaltern und auch von Orchestern aus Österreich und Deutschland mit der Idee für eine Zusammenarbeit.
Und was Kooperationen in Wien betrifft: Es ist schon so, dass Wien nach wie vor eine, wenn nicht sogar die Stadt der Musik ist.
Da sind über die Jahre sehr viele Kontakte entstanden, man kennt sich gegenseitig, man schätzt sich und weiß, was man von- und miteinander hat bzw. erwarten kann. Marko Simsa wird immer Marko Simsa sein und nicht plötzlich komplett verändert daherkommen.
Wenn man aber genau das sucht, dann weiß man bei mir, womit man rechnen und worauf man sich verlassen kann…:)
Um aber noch genau auf Ihre Frage zu antworten: Nachdem mich viele Veranstalter und Orchester kennen, kann es tatsächlich genauso passieren: ich habe eine Idee, greife zum Telefon und rufe an.
So sind durchaus auch schon Zusammenarbeiten zustande gekommen…
Die Redaktion: Sie wandern eigentlich immer zwischen klassischer Musik und Weltmusik hin und her, um die Vielfalt der Musik den Kindern darzubringen. Was reizt Sie dabei, immer musikalisch zu wandern?
Marko Simsa: Das ist eine Frage, die ich sehr mag, denn diese Tatsache spiegelt genau meine persönlichen Interessen wider! Ich liebe es, unterschiedlichste Arten von Musik zu hören! Klassik, Weltmusik, Jazz, Folk, Rockmusik, …
Und genau das möchte ich Kindern zeigen: Wie toll unterschiedlichste Arten der Musik unser Leben bereichern kann! Zurzeit bin ich besonders davon fasziniert, welch unfassbar abwechslungsreiche Erlebnisse uns die Weltmusik bietet.
Also die Volksmusik aus allen Ländern unserer Erde. Kaum zu glauben, was da für ein Schatz zu heben ist!
Die Redaktion: Sie produzieren nicht nur Musik, nein Sie schreiben auch zahlreiche Bücher, natürlich zu musikalischen Themen. Was liegt Ihnen mehr, Musik produzieren und live darzubieten oder zu schreiben?
Marko Simsa: Grundsätzlich liebe ich auch hier die Abwechslung und ich freue mich, wenn ich meine Erfahrungen und meine Freude an der Musik in Form von Büchern und CDs weitergeben kann.
Aber der direkte Kontakt mit meinem Publikum bei den Konzerten, das ist mir bis heute doch am allerliebsten!
Die Redaktion: Ist Musik für Kinder schwerer zu entwickeln als für Erwachsene?
Marko Simsa: Das glaube ich nicht, man muss nur wissen, wie es geht… Damit will ich sagen: Es geht eben nicht so schnell, schnell, da machen wir für die lieben Kleinen mal eine nette Stunde.
Man braucht Erfahrung, das richtige Gespür, Ernsthaftigkeit und viel Freude an der Sache. Ach ja, Ausstrahlung und Charme sind für einen Moderator natürlich auch recht wesentliche Eigenschaften…
Einmal sagte jemand zu mir: „Sie haben sich ja das schwierigste Publikum ausgesucht!“ Da konnte ich nur antworten: „Ganz im Gegenteil, für Kinder auf der Bühne zu stehen, macht auch noch nach 30 Jahren unheimlich viel Spaß und bringt gute Laune!
Denn Kinder sind neugierig, offen, begeisterungsfähig und haben oft erstaunlich viel Humor!“
Die Redaktion: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Musikprojekte für Kinder zu entwickeln?
Marko Simsa: Ich spielte schon drei Jahre lang Kindertheater, bis in Kooperation mit einem Jugendclub mein erstes Konzertprogramm „Mozart für Kinder. Nachtmusik und Zauberflöte“ entstand.
Meine Arbeit beim Kindertheater hat mir dabei damals sehr geholfen, denn viele Aspekte vom Theater habe ich für mein Mozart-Konzert gleich übernehmen können.
Z.B. das aktive Miteinbeziehen des Publikums war damals vor 30 Jahren doch ein relativ neuer Ansatz.
Die Redaktion: Wie lange dauert es, bevor ein Musikprojekt fertig ist?
Marko Simsa: Das ist sehr unterschiedlich und hängt von vielen Faktoren ab. Manchmal gibt es eine Idee und relativ rasch habe ich schon den möglichen Ablauf im Kopf.
Manchmal aber tüftelt man erst einmal ein paar Wochen im Kopf und lässt alles langsam wachsen.
Wie soll das Konzert beginnen, gibt es eine Geschichte oder „nur“ einen roten Faden, wie und wann können die Kinder mitsingen oder mittanzen…? Insgesamt kann ich diese Frage wahrscheinlich nicht in Tagen oder Wochen beantworten.
Die Redaktion: Können Sie sich vorstellen, auch einmal ein Spiel zu entwickeln?
Marko Simsa: Nein, eigentlich nicht, ich glaube, das sollen andere machen, die sich dabei richtig gut auskennen. Obwohl: Meine Erfahrungen und mein Wissen könnte ich an einen Spieleentwickler natürlich schon weitergeben.
Insofern: Eine Kooperation wäre denkbar…
Die Redaktion: Wurde bei Ihnen zu Hause viel gespielt? An was können Sie sich dabei erinnern? Was war Ihnen aus heutiger Sicht dabei wichtig? Und was haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?
Marko Simsa: Bei uns war Sport – auch als Spiel – mehr im Mittelpunkt als Gesellschaftsspiele. Aber ich habe mit meinen Großeltern gern Schnapsen gespielt. Ein Kartenspiel, hat nichts mit Schnaps zu tun.
Gibt es das in Deutschland denn überhaupt? Mit den Eltern und Geschwistern wohl gern Rommé.
Und Mikado war bei uns auch oft am Tisch… – Sie sehen, alles sehr klassische Themen. Ach ja, mit Freunden ist es auch immer köstlich, pantomimisch Begriffe erklären zu müssen. Wie heißt dieses Spiel nochmal? Es führt jedenfalls zu den schönsten Situationen!
Die Redaktion: Was ist eigentlich Ihr Lieblingsspiel?
Marko Simsa: Tja, sehen Sie, da bin ich gleich wieder beim Sport: Mein Lieblingsspiel ist zurzeit Badminton. Scrabble steht bei uns auch immer hoch im Kurs.
Und in Kärnten mit der Familie spielen wir „Fufzehn owe“, zu hochdeutsch: „Fünfzehn herunter“, ein Kartenspiel, das vermutlich nicht über unsere Grenzen hinaus bekannt ist…?!
Die Redaktion: Was tun Sie, wenn Sie bei einem Spiel verlieren?
Marko Simsa: Hmm… Mich auf die nächste Runde freuen, denn da könnte dann ja eventuell ich der Gewinner sein.
Ehrlich gesagt gewinne ich natürlich lieber, als dass ich verliere. Aber der Spaß am Spiel steht auf jeden Fall bei weitem im Mittelpunkt.
Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?
Marko Simsa: Spielen tue ich doch am liebsten mit der Familie und mit Freunden. Denn würden mir am Tisch womöglich Alexander von Humboldt oder Bertha von Suttner oder Rosa Luxemburg oder Goethe oder Beethoven gegenübersitzen, dann würde ich mich doch lieber ausgiebig mit ihnen unterhalten, ohne dabei an den nächsten Spielzug denken zu müssen…
Die Redaktion: Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, auf unsere Fragen zu antworten.
(c)Beate Hofstadler