Interview mit Christian Wunderlich zu „Mats & Mathilde 1. Eine große Freundschaft“
Wie ist die Idee zu „Mats & Mathilde“ entstanden?
Christian Wunderlich: Mathilde Vogelscheuch gibt es wirklich. Ich habe sie vor vielen Jahren auf einem Sonnenblumenfeld bei Köln entdeckt. Ich machte ein Foto von ihr, und als mir dieses Foto Jahre später wieder in die Hände fiel, ging mir dieser Gedanke durch den Kopf: Was wäre, wenn eine Vogelscheuche und ein Vogel Freundschaft schließen würden? Daraus erwuchs dann die Geschichte um die gemeinsame Reise und die Suche der beiden ungleichen Freunde nach einem Zuhause.
Was möchten Sie Kindern mit Ihrer Geschichte vermitteln?
Christian Wunderlich: Mats ist voller Ängste. Und Mathilde weiß nichts über die Welt. Die beiden sind Außenseiter und als Team werden sie von anderen ihrer Gruppe nicht akzeptiert. Umso unerschütterlicher ist ihre Freundschaft.
Die Geschichte soll zeigen, dass zwei Leute trotz großer Unterschiede Freunde sein können. Dass es okay ist, Angst zu haben, man sich ihr aber nicht hilflos ergeben sollte. Und dass die Fantasie ein bunter, wunderschöner Ort ist, an dem man immer Trost und Hoffnung findet.
Was war Ihnen beim Schreiben des Buches wichtig?
Christian Wunderlich: Ich wollte die Geschichte so originell wie möglich schreiben. Jedes Kapitel habe ich wie ein eigenes Buch behandelt. Immer habe ich mir die Frage gestellt: Was würde man nun erwarten?
Um dann oft den genau anderen Weg einzuschlagen. Am wichtigsten sind aber die beiden Hauptfiguren Mats Piep und Mathilde Vogelscheuch. Sie sollten einen rühren und es war mir wichtig, dass sie dreidimensional sind, mit Fehlern und Macken und ganz vielen liebenswerten Eigenarten. Vor allem sollte es eine Geschichte werden, die die Gefühle von Kindern ernst nimmt, die Freude genauso wie die Traurigkeit.
Woher haben Sie die Inspiration zu den vielen zauberhaften Orten genommen, die Mats und Mathilde besuchen? Und die sprechenden Namen? (Mein Favorit ist der Wolf, der Fragtarier ist…
Viele Inspirationen sind mir als Autor gar nicht bewusst. Meist fallen mir die Einflüsse erst auf, wenn ich die Geschichte fertig geschrieben habe.
Dingsbums ist entstanden, als ich mich gefragt habe, wo all die gefloppten Bücher und Theaterstücke und weggeworfenen Stofftiere und so weiter landen. Hyggingen ist der Sehnsuchtsort schlechthin, vielleicht so sehr, dass man ihn irgendwann gar nicht mehr erträgt.
Figuren wie der Fragtarier entstehen durch Wortspielereien: aus dem Frutarier wird da schnell ein Fragtarier, der das Essen fragt, ob er es verspeisen darf.
Was sagen Sie zu den Illustrationen von Anne Hofmann?
Christian Wunderlich: Dass wir Anne Hofmann für „Mats & Mathilde“ gewinnen konnten, ist ein Glücksfall, wie er nicht alle Tage passiert.
Illustratorinnen ihrer Klasse sind in der Regel auf Jahre ausgebucht. Sie aber hatte nicht nur zufälligerweise Zeit, sondern auch total Lust darauf, die Abenteuer von Mats und Mathilde zu zeichnen. Ihre Illustrationen sind ein Traum. Sie hat die Charaktere und ihre Welt perfekt erfasst. Sie wollte so wie ich nicht das Klischee bedienen, sondern hat eine ganz eigene Welt erschaffen.
Ich könnte mir ihre Bilder stundenlang ansehen, sie sind die ideale Ergänzung zum Text. Im Grunde hat Anne Hofmann bereits die perfekte Vorlage für die Verfilmung geschaffen, was kein Wunder ist, da sie vom Zeichentrickfilm kommt. Ich bin so froh, dass wir sie an Bord haben, und freue mich auf hoffentlich viele weitere Bücher mit ihr.
„Mats & Mathilde“ ist Ihr zweites Buch. Wie sind Sie zum Schreiben gekommen und was macht Ihnen besonders viel Spaß daran?
Christian Wunderlich: Bereits als ich noch nicht das vollständige Alphabet konnte, fing ich an, Geschichten zu schreiben. Da ich immer viel gelesen habe, lag mir das einfach von Anfang an. Ich liebe es, aus dem Nichts eine Geschichte zu erfinden, Figuren zu entwerfen und sie möglichst lebendig zu machen. Im Grunde sagt mir der achtjährige Junge, der ich damals war, was er gerne gelesen hätte, und ich muss ihm bloß folgen.
Und was ist das Herausforderndste beim Schreiben?
Christian Wunderlich: Das Herausforderndste beim Schreiben ist sicher durchzuhalten. Ich arbeite sehr detailliert, überarbeite Texte wieder und wieder, bis jedes Wort da sitzt, wo es hingehört. Bei jedem neuen Buch weißt du: Das wird jetzt wieder eine lange Reise. Wichtig ist: Regelmäßigkeit.
Jeden Tag schreiben, am besten eine gewisse Anzahl von Seiten oder Zeichen. Am besten dann, wenn du gerade voll „drin“ bist. Aber am wichtigsten zu den Zeiten, in denen du dich quälst. Gerade dann musst du dich dransetzen. Denn am Ende wird immer was draus, spätestens bei der zwölften Überarbeitung.
Welche Rolle spielt das Vorlesen in Ihrem Leben?
Christian Wunderlich: Das Vorlesen hat von frühester Kindheit eine große, bedeutende Rolle in meinem Leben gespielt. Als ich selber noch nicht lesen konnte, hat meine Mutter mir jeden Abend vorgelesen: Michael Ende, Twain, Astrid Lindgren. An der Grundschule war ich der erste der Klasse, der lesen konnte, und so habe ich meinen Freunden regelmäßig vorgelesen.
Es gab damals „Erzähl mir was“-Hefte mit Geschichten aus aller Welt. Die habe ich geliebt und sie sind bis heute eine große Inspirationsquelle für mich.
Warum haben Sie sich dazu entschieden, ein Vorlesebuch zu schreiben?
Christian Wunderlich: Ich habe die Geschichte nicht mit der Intention geschrieben, ein Vorlesebuch zu verfassen. Um ehrlich zu sein weiß ich gar nicht, was das genau ist. Ich glaube, jedes gute Kinderbuch ist ein Vorlesebuch. Das kann das Sams sein oder eine Märchensammlung, Pippi Langstrumpf oder sogar was längeres wie Harry Potter.
Wenn Kinder von der Geschichte gepackt werden, folgen sie ihr auch über Hunderte von Seiten. Insofern war es mir mit „Mats & Mathilde“ am wichtigsten, eine Geschichte zu schaffen, die dich in ihre Welt zieht, und zwar Kinder wie Erwachsene zugleich. Denn ein gutes Kinderbuch ist immer auch ein gutes Erwachsenenbuch: Es kann von allen gelesen und geliebt werden.
Welche Bücher haben Sie als Kind besonders gerne gelesen?
Christian Wunderlich: Als Kind habe ich „Jim Knopf“, „Tom Sawyer & Huckleberry Finn“ und „Robin Hood“ geliebt und wieder und wieder gelesen. Ich habe früh mit Hemingway angefangen, „Der alte Mann und das Meer“ habe ich noch in der Grundschule gelesen. Auch „Moby Dick“ von Melville, „Der geheime Garten“, „Wind in den Weiden“ und weitere Klassiker liebte ich damals und lese ich bis heute. Ich glaube, dass wir Kinder da auch wieder mehr zutrauen sollten. Kinder wollen gefordert werden, weil sie dadurch spüren, dass man ihnen auf Augenhöhe begegnet.
Im Frühjahr 2025 erscheint bereits die Fortsetzung der Geschichten von „Mats & Mathilde“. Können Sie uns schon ein bisschen verraten, wie es weitergehen wird?
Christian Wunderlich: Im zweiten Teil von „Mats & Mathilde“ führt die Reise unsere beiden Freunde u.a. auf ein Geschichtenschiff, das allein durch die Kraft des Erzählens vorangetrieben wird.
Sie fliegen in einem Himmelbett durch die Luft und müssen sich nicht nur im Dschungel der 999 1/2 Gefahren allerlei Herausforderungen stellen.
Doch Mats und Mathilde geben niemals auf. Ihre Freundschaft ist es, die sie alle Abenteuer bestehen lässt. Und natürlich verlieren sie nie ihr Ziel aus dem Blick: den Ort, an dem die Sonne untergeht. Dort, wo Mathilde ihre Mama finden will. Doch ob das klappt, verrate ich natürlich nicht.
- Verlag Oetinger
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