Sehr geehrter Herr Oliver Scherz,
Sie sind Kinderbuchautor und bekannt durch Werke wie Ben oder Wir sind nachher wieder da, wir müssen kurz nach Afrika. Wie sind Sie eigentlich zum Schreiben gekommen?
Oliver Scherz: Das Schreiben für Kinder habe ich erst kurz nach der Geburt meiner Tochter für mich entdeckt, also vor etwa fünf Jahren. Ich habe es einfach ausprobiert, gepackt hat es mich dann sofort. Es macht mir viel Freude, mich in die eigenwillige und fantasievolle Sicht von Kindern auf die Welt hineinzuversetzen.
Frage: Ihr neuestes Werk heißt „Keiner hält Don Carlo auf“ (Thienemann/ Hörbuch Hamburg). Um was geht es in dieser Geschichte?
Oliver Scherz: Der elfjährige Carlo will seit fünf Monaten nach Palermo fahren, um seinen Vater zurückzuholen. Seit fünf Monaten, zwei Wochen und sechs Tagen. Die Tage zählt Carlo nämlich sehr genau ab, seit sein Vater weg ist, weil die Mama ihn rausgeschmissen hat. Und da die Mama nicht hin will und der Papa nicht herkommt, macht sich Carlo irgendwann alleine auf den Weg. Im Nachtzug, im Taxi, mit der Fähre.
Ohne Fahrkarte oder festen Plan. Dabei trifft er außergewöhnliche Menschen und kämpft sich durch die italienische Pampa. Bis er endlich vor der Tür seines Vaters steht … „Keiner hält Don Carlo auf“ ist eine Geschichte über Willen, Mut und Sehnsucht, spannend, lustig und ernst zugleich.
Die Redaktion: Ist Ihre Tochter auch Ihre Kritikerin?
Oliver Scherz: Nein. Die mag fast alles, was ich schreibe, weil ich ihr Papa bin. Aber ich freue mich immer, wenn sie eines meiner Bücher aus dem Schrank zieht, damit ich es ihr vorlese.
Die Redaktion: Wie kommen Sie auf die Ideen zu Ihren Geschichten?
Oliver Scherz: Ich entdecke die Anfänge zu meinen Geschichten oft auf der Straße, im Wald, auf Reisen. Und plötzlich halte ich ein erstes kleines Stück vom roten Faden in der Hand. Wenn die Figuren dann bei der Ausarbeitung der Geschichte zu leben beginnen und das Gefühl beim Schreiben intensiver wird, schießen mir oft viele Gedanken gleichzeitig durch den Kopf, die ich ordnen muss. Im besten Fall entsteht daraus eine Geschichte, deren Wendungen mich selbst auch immer wieder überraschen.
Die Redaktion: Haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?
Oliver Scherz: Ja. Sehr viel. Karten- und Brettspiele. Mit meinem Bruder zusammen sehr oft auch Fantasiespiele. Das sind schöne Erinnerungen.
Frage: Was spielen Sie denn mit Ihrer Tochter? Was macht das Spielen mit Ihren Kindern aus Ihrer Sicht aus?
Oliver Scherz: Ich baue z.B. Buden oder Lego mit meinen Kindern. Lego ist großartig, weil man vollkommen frei damit gestalten kann. Ich freue mich dabei auch sehr über die Konzentration, mit der die Kinder sich der Sache widmen. Das Spielen weckt ja nicht nur Freude, sondern regt auch das Mit- und Nachdenken an.
Die Redaktion: Und da man ja nicht nur mit Kindern spielt, stellt sich die Frage, was Sie mit Ihren Freunden spielen?
Oliver Scherz: Fußball.
Die Redaktion: Was fasziniert Sie beim Spielen?
Oliver Scherz: Dass man wieder zum Kind wird. Und dass man in eine andere Welt abtauchen kann.
Die Redaktion: Was ist eigentlich Ihr Lieblingsspiel?
Oliver Scherz: Carcassonne. Das Spiel ist genial einfach und trotzdem immer wieder überraschend und neu, was die Kartenkonstellationen angeht. Es wird nie langweilig.
Die Redaktion: Heutzutage leiden alle unter Stress und Zeitnot. Dadurch haben oder besser gesagt, nehmen sich Eltern keine Zeit, mit ihren Kindern zu spielen. Was würden Sie Eltern raten, wie wichtig es wäre, mit ihren Kindern zu spielen?
Oliver Scherz: Ich würde das gar nicht so pauschalisieren. Es gibt bestimmt viele Eltern, die sich auf Spiele mit ihren Kindern einlassen. Aber klar, Zeitnot und Stress bestimmen oft den Tagesablauf, gerade bei Eltern, die Job und Familie überein kriegen müssen.
Ich finde es grundsätzlich sehr wichtig, dass Eltern auch auf spielerische Art und Weise Zeit mit ihren Kindern verbringen und so als Familie zusammenwachsen. Das kann auch genauso gut das Basteln oder Vorlesen sein. Ich finde es selbst manchmal schwierig, mir die Ruhe zu nehmen. Wenn ich es aber tue, bin ich danach glücklicher, zufriedener, und meine Kinder sind es auch.
Die Redaktion: Wenn Sie in die Rolle eines Spieleerfinders schlüpfen könnten, welches Spiel würden Sie denn gern einmal erfinden wollen?
Oliver Scherz: In die Rolle wollte ich nie schlüpfen. Mein Bruder hat mal ein Spiel mit zwölf Jahren erfunden, als Weihnachtsgeschenk für meine Eltern. Das war echt ziemlich ausgeklügelt und mit vielen Figuren versehen etc. Da wusste ich: so etwas zu machen, das wäre mir zu kompliziert. Ich spiele lieber, als Regeln zu erfinden.
Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?
Oliver Scherz: Ich konzipiere gerade ein neues Kinderbuch. Außerdem würde ich es gerne schaffen, meine Zeit im Leben ausgewogener zu verteilen.
Die Redaktion: Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.
Zur Person
Oliver Scherz, geboren 1974 in Essen, ist Kinderbuchautor und Schauspieler. Er hat das Schreiben für Kinder mit der Geburt seiner Tochter für sich entdeckt und lässt sich seitdem immer wieder aufs Neue vom eigenwilligen, fantasievollen Blick von Kindern auf die Welt überraschen und beflügeln.
Wenn er etwas von ihrer Lebensfreude und Unverstelltheit in seinen Büchern wiederfindet, hat er das Gefühl, dem Wesentlichen ein Stück näher gekommen zu sein. Oliver Scherz lebt mit seiner Familie in Berlin.