Angesagt – Sonja Liebsch

Bild Sonja Liebsch

Sehr geehrte Frau Liebsch,
Sie haben als Kind bestimmt mit Ihren Eltern gespielt. An was können Sie sich dabei erinnern? Was war Ihnen aus heutiger Sicht dabei wichtig? Und was haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?

Frau Liebsch: Da ich vier ältere Geschwister habe, haben in erster Linie die mit mir gespielt. Ich erinnere mich daran, dass ich häufig daneben saß, wenn sie ein Spiel gespielt haben und alles genau beobachtet habe. Wenn ich sicher war, dass ich das Spiel und die Regeln verstanden hatte, fragte ich, ob ich mitspielen durfte. Wir haben viele Kartenspiele (Mau-Mau und Canaster) und Würfelspiele (Kniffel!!!) gespielt, aber auch alle möglichen Brettspiele.

Besonders mit meinem Bruder spiele ich die heute noch gern. Wenn ich bestimmte Spiele wie Kniffel, Mau-Mau, Risiko oder Incognito spiele, denke ich automatisch an meine Geschwister und ja, das klingt jetzt kitschig, aber es macht mir ein warmes Gefühl im Bauch.

Die Redaktion: Wenn Sie Kinder haben, was spielen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern?

Frau Liebsch: Wir spielen die Spiele, die gerade angesagt sind, aktuell z.B. Kakerlakak oder die jeweiligen Spiele des Jahres, aber gerne auch Mikado oder Ich sehe was, was du nicht siehst. Wissensspiele kommen bei unseren Kindern nicht so gut an. Für den Familienfrieden sind die Spiele besonders geeignet, bei denen das gesamte Team gewinnt oder verliert (Obstgarten für die Kleinen, Wer war’s für etwas Ältere).

Mir fällt auf, dass die Kinder (sie sind jetzt 8 und 12) auch die Spiele aus ihrer Kindergartenzeit (Lotti Karotti, Banana-Express, Obstgarten, Candy Land) noch gerne spielen. Das liegt sicher nicht an den Spielen selbst, sondern an den Erinnerungen, die sie mit diesen Spielen verbinden.

Die Redaktion: Was macht das Spielen mit Ihren Kindern aus Ihrer Sicht aus?

Frau Liebsch: Hier muss ich ganz ehrlich sagen, dass die romantische Vorstellung von einer fröhlichen Familie vereint bei einem Spiel bei uns nicht funktioniert. Für mich ist es jedes Mal ein Erfolg, wenn nach einem gemeinsamen Spiel niemand beleidigt den Tisch verlässt. Aber gerade deshalb ist das Spielen mit der ganzen Familie für mich so wichtig. Hier erwerben die Kinder soziale Kompetenzen. Sie können im geschützten Umfeld der Familie üben, Niederlagen zu verarbeiten.

Bild Sonja Liebsch
Bild Sonja Liebsch

Die Redaktion: Und da man ja nicht nur mit Kindern spielt, stellt sich die Frage, was Sie mit Ihren Freunden spielen?

Frau Liebsch: Ich liebe Spieleabende, an denen mehrere unterschiedliche Spiele gespielt werden. Würfelspiele (am liebsten ganz klassisch Kniffel) und Kartenspiele eignen sich gut bei mehreren Mitspielern. Deduktionsspiele mag ich gerne bei vier bis max. fünf Spielern. Toll finde ich auch Spiele, die für zwei Spieler geeignet sind, weil ich gerne mal abends mit meinem Mann spiele. Hier mag ich Caesar und Cleopatra oder das Kartenspiel von Die Siedler von Catan.

Die Redaktion: Heutzutage leiden alle unter Stress und Zeitnot. Dadurch haben oder besser gesagt, nehmen sich Eltern keine Zeit, mit ihren Kindern zu spielen. Was würden Sie Eltern raten, wie wichtig es wäre, mit ihren Kindern zu spielen?

Frau Liebsch: Ich möchte nicht, dass Eltern gemeinsames Spielen als Pflichterfüllung ansehen, dass sie es nur tun, weil ihnen jemand sagt, dass es gut für ihre Kinder ist.

Aus eigener Erfahrung würde ich Eltern generell dazu raten, nur die Dinge mit ihren Kindern gemeinsam zu machen, die sie auch selbst gerne machen. Ich kann nur Freude weitergeben, die ich selbst empfinde. Ansonsten wirkt der Versuch schnell kontraproduktiv. Ich zum Beispiel bin ein sehr ängstlicher Mensch und habe diese Angst beim Mutter-Kind-Turnen an mein Kind weitergegeben.

Ich dachte, ich muss mein Kind in alle Richtungen fördern, aber das kann ich gar nicht. Wichtig ist es meines Erachtens, dass man überhaupt gemeinsame Erlebnisse mit der ganzen Familie hat, an die sich die Kinder später erinnern.

Die Redaktion: Wenn Sie in die Rolle eines Spieleerfinders schlüpfen könnten, welches Spiel würden Sie denn gern einmal erfinden wollen?

Frau Liebsch: Ganz klar ein Spiel, das zu zweit genau so viel Spaß macht wie zu siebt oder acht!

Die Redaktion: Wir bedanken uns recht herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

Zur Person

Sonja Liebsch wurde 1972 in Mönchengladbach geboren. Als Kind hatte sie die unterschiedlichsten Berufswünsche: Bibliothekarin, Tierärztin, Kinderpsychologin, Hotelmanagerin. Sie studierte Tourismusbetriebswirtschaft und wurde schließlich in der Nähe des Bodensees sesshaft.

Sie ist in der Sprach- und Leseförderung tätig und hat neben Spielen zwei Romane („Muttertier @n Rabenmutter“ und „Wadenbeißer“) veröffentlicht. Ihre Berufswünsche hat sie alle realisiert. Als Mutter von zwei Kindern ist täglich psychologisches Know How gefordert, sie arbeitet für die örtliche Pfarrbücherei und ihrem Kater hat sie schon so manches Mal das Pfötchen gehalten. Nur das mit dem Hotel hatte sie sich irgendwie anders vorgestellt!

www.sonja-liebsch.de

Über Die Redaktion 14285 Artikel
Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 20 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.