Liebes Sams, was ist das größte Privileg im Leben einer literarischen Figur?
Das Sams: Dass sie das Glück hatte, vom berühmten Paul Maar erschaffen zu werden.
Die Redaktion: Sie sind jetzt auch schon 50. Männer und Frauen kommen da gern in die Midlife-Crisis. Wie geht’s dem Sams?
Das Sams: Wenn ich noch mal mit „Sie“ angesprochen werde, antworte ich überhaupt nicht mehr. Davon abgesehen geht’s’ mir mit 50 genauso gut wie mit 25 oder 5.
Die Redaktion: Erinnerst Du dich an den Tag Deiner Geburt?
Das Sams: Wer erinnert sich an die eigene Geburt! Du etwa?
Die Redaktion: Es ist ja wie bei Schauspielern – manche schaffen den Durchbruch, andere nicht. Was unterscheidet eine erfolgreichen?
Das Sams: Wenn meine Geschichte in mindestens 30 Sprachen erzählt wird, wenn nicht sogar in 28, dann kann man von einem Erfolg reden. Findest du nicht?
Die Redaktion: Als Du 1973 erschaffen wurdest, entsprachst Du dem anti-autoritären Zeitgeist. Heute hat sich die Welt verändert. Wie schafft man es dennoch, 50 Jahre lang nicht überholt zu wirken? Indem Du dich anpasst und ein Spiegelbild der jeweiligen Zeit bist?
Das Sams: Was den Witz und den Humor betrifft, hat sich der Zeitgeist überhaupt niemals nicht geändert.
Die Redaktion: Dein Schöpfer ist Paul Maar. Was ist der für ein Mensch?
Das Sams: Er ist empfänglich für meine Wortwitze und ansonsten recht umgänglich. Manchmal ein bisschen zu verträumt.
Die Redaktion: Und wie ist Euer Verhältnis?
Das Sams: Wir respektieren und inspirieren uns gegenseitig.
Die Redaktion: Mit wem arbeitest Du in den Büchern am liebsten zusammen? Wer sind Deine persönlichen Lieblingsfiguren? Und mit wem kannst Du nicht so?
Das Sams: Dass ich mit Papa Taschenbier gut zurechtkomme, hat sich ja wohl schon herumgesprochen. Herrn Mon kann ich auch gut leiden. Mit Frau Rotkohl gibt’s manchmal kleinere Reibereien. Aber sie wird von Jahr zu Jahr aufgeschlossener und ist manchmal geradezu liebenswürdig.
Besonders, wenn Herr Mon anwesend ist.
Die Redaktion: Du stellst vieles andere aus der Schreib- und Zeichenfeder von Paul Maar in den Schatten. Sind Möpse, Dackel, Hütehunde und all die anderen gelegentlich neidisch?
Das Sams: Ich denke nicht. Vor allen Dingen können sich Hunde da nicht beschweren. Sie kommen in jedem zweiten Buch von Paul Maar vor. Vom tätowierten Hund über Herrn Bello, Snuffi Hartenstein, bis zum kleinen Hund aus den Känguru-Geschichten. Selbst mich hat Paul mal in einen gepunkteten Hund verwandelt, der Herrn Daume zum Verzweifeln bringt.
Die Redaktion: Warum wird Dir und Paul Maar nicht langweilig nach einer so langen Beziehung?
Das Sams: Weil wir uns gegenseitig anregen, uns gut kennen,und zusammen immer neue Ideen entwickeln.
Die Redaktion: Du bist in vielen Ländern der Erde berühmt – von Albanien bis China. Warum funktioniert Dein Humor weltweit?
Das Sams: Ich kann’s auch nicht erklären. Ich stelle nur fest, dass die Kinder in Russland, Kairo oder China an denselben Stellen lachen wie die deutschen Kinder.
Die Redaktion: Und gibt es Gegenden, wo man Dich nicht lustig findet?
Das Sams: Ich habe noch keine kennengelernt.
Die Redaktion: Du bist immer noch, pardon, etwas übergewichtig. Andere Kinderbuch-Figuren haben längst abgespeckt.
Und auch die Sprache wird hier und da angepasst. Was hälst Du davon?
Das Sams: In den Büchern, die Paul Maar geschrieben hat, gibt’s nichts anzupassen. Wenn nicht gerade ein wirklich böses Wort verwendet wurde, würde ich auch in anderen Büchern von anderen Autorinnen oder Autoren nichts ändern, sondern das Wort markieren, und am Fuß der Seite schrei- ben, dass man das früher so gesagt hat und heute nicht mehr sagen sollte.
Die Redaktion: Was unterscheidet die Kinder der 70er Jahre von den heutigen?
Das Sams: Das Internet, das Handy, das Streamen.
Die Redaktion: Was kannst Du den Kindern von heute mit auf den Weg geben?
Das Sams: Seid selbstbewusst, aber nicht überheblich!
Die Redaktion: Elf Sams-Bücher gibt es bislang. Wirst Du in weiteren Geschichten zu uns kommen?
Das Sams: Mein Paul Maar schreibt gerade ein zwölftes. Hauptfigur ist das Mini-Sams. Auch der Drache Ralfer ist zurückgekehrt.
Die Redaktion: Glaubst Du, dass sich bald auch die Künstliche Intelligenz Sams-Geschichten ausdenken könnte?
Das Sams: Ja. Aber sie werden keine Seele haben.
Die Redaktion: Vorletzter Punkt: Welche Wünsche willst Du Dir mit deinen Wunschpunkten noch erfüllen?
Das Sams: Mein Paul Maar soll gesund bleiben und noch ein paar Jährchen leben.
Die Redaktion: Und nach fünf Jahrzehnten Sein, welches ist Dein Lieblings-Reim?
Sapperlot, ein „n“ und ein „m“ ergeben ja gar keinen echten Reim. Überlassen wir das also Dir.
Bitte schön:
Das Sams: Vor kurzem stand in einer Zahnarzt-Zeitung, dass sich die Kinder meinen Spruch zu Herzen nehmen sollten:
Zähneputzen ist von Nutzen, weil die Zähne sonst verschmutzen.
Das Sams: Der kommt mir im Nachhinein viel zu pädagogisch vor. Besser gefällt mir:
Will man was ganz stark und fest, geht’s auch ohne Wunschmaschine. Selbst ein Schwein lernt Violine, wenn es nur nicht lockerlässt.