Angesagt – Anne Vogd

Bildrechte Anne Vogd/ Müller & Friends

Sehr geehrte Frau Anne Vogd,
Sie haben vor fünf Jahren einen radikalen Wechsel vollzogen, vom Vertrieb in einer Modefirma zum Kabarett. Und nun auch Autorin. Ich hab’s auch nicht immer leicht mit mir ist der Titel des Buches. Ist dies eine Art Selbstreflektion?

Anne Vogd: Uii, ein imposantes Wort für etwas, das sich einfach so ergeben hat. Natürlich beinhaltet das Buch viele Anekdoten aus meinem Leben, denn mein direktes Umfeld liefert mir täglich Steilvorlagen, aber eine Selbstreflektion ist es nicht.

Dieser Ansatz wäre mir zu philosophisch. Ich möchte mit dem Buch unterhalten, nichts aufarbeiten. Das heißt aber nicht, dass nicht jedes Kapitel eine Botschaft beinhaltet.

Die Redaktion: Alles hat ja mit dem SWR3 Comedy Förderpreis begonnen. Aber man hört ja nicht so einfach mit einem Job auf. Was waren für Sie die Beweggründe als reife Frau, noch einmal alles auf Null zu setzen?

Anne Vogd: Oftmals ist eine niedrige Zufriedenheit im Job die Motivation für einen Neubeginn. Das war bei mir nicht so. Aber ich gebe zu, dass mich nach 25 Jahren im Modebusiness zunehmend das Gefühl beschlich, mein Alltag könnte durchaus nochmal ein bisschen ‚gepimpt‘ werden.

Man lebt ja nicht ewig. Dann kam der Comedy Förderpreis und ich dachte spontan, wenn sich eine Tür von alleine öffnet, sollte man auch durchgehen.

Ich habe dann aber doch auf meinen Mann gehört, der -im Gegensatz zu mir- weniger aus dem Bauch heraus agiert und erst mal die Entwicklungen der folgenden sechs Monate abgewartet, um dann zu entscheiden. Ende November 2016 war es dann soweit: Meine Neugier, die Freude an etwas Neuem und meine Risikobereitschaft hatten das Rennen gemacht.

Die Redaktion: Haben Sie diesen Schritt bereut?

Anne Vogd: Nicht eine Minute. Im Gegenteil: ich habe bereut, so lange an meiner Vergangenheit festgehalten zu haben, anstatt aktiv an meiner Zukunft zu basteln.

Aber vielleicht war es auch einfach vom Schicksal so gewollt, dass es genau zu diesem Zeitpunkt geschah. Ich bin ja Rheinländer. Und eine Regel des rheinischen Grundgesetzes lautet: Et kütt, wie et kütt….

Die Redaktion: Der Job, andere zum Lachen zu bringen, ist verdammt schwer und viele Persönlichkeiten aus dem Humorbereich waren und sind eigentlich ernste und nachdenkliche Menschen.

Was für ein Typ Mensch sind Sie?

Anne Vogd: Ich bin auch nicht immer lustig und es nervt mich manchmal, dass es Leute gibt, die dies immer und überall, wo man zufällig aufeinandertrifft, von mir erwarten.

Aber grundsätzlich bin ich schon ein lebensbejahender und lebensfroher Mensch. Ich gehe als Optimist durchs Leben, was aber nicht heißt, dass ich mit dieser Einstellung mehr ‚gebacken‘ bekomme, als andere Menschen. Manchmal hüpfe ich auch – ein Liedchen pfeifend – dem nächsten Super Gau entgegen.

Die Redaktion: Beobachten Sie gern Menschen, um sich Anregungen für Ihr Kabarettprogramm zu holen?

Anne Vogd: Oh ja! Das ist eine meiner wichtigsten Inspirationsquellen. Ich muss mich da selber manchmal ermahnen, denn seit ich das Büro gegen die Bühne getauscht habe, bin ich ständig auf Empfang. Egal wo, ob an der Supermarktkasse, ‚auf dem Amt‘ oder im Wartezimmer beim Arzt.

Alles wird abgescannt und im Kopf katalogisiert, um es später am Schreibtisch dann zu ‚verarbeiten‘.

Bild Audiobuch

Die Redaktion: In Ihrem Programm schlüpfen Sie in zahlreiche Rollen, aber wie viel Anne Vogd steht dann noch auf der Bühne?

Anne Vogd: Gute Frage, bei der ich differenziert antworten möchte. Als Rheinländer bin ich ja auch im Karneval unterwegs.

Bei der Figur, die ich da spiele, ist wenig der echten Anne Vogd zu spüren. Da geht es mehr um kurzweilige Unterhaltung in Form von Vorträgen mit extrem hoher Gag Dichte. Sonst verliert man das Publikum in den Sälen.

Im Kabarett hingegen hat man zwischen den einzelnen Pointen mehr Zeit, die ich gerne dazu nutze, um eine Botschaft zu transportieren. Aber nicht, dass jetzt Missverständnisse entstehen: Ich möchte mit meinen Vorträgen keinen missionieren.

Sie sind nicht der Versuch, mit einer Luftpumpe die Richtung des Windes zu ändern. Aber ich will mit meinen Inhalten auch kein Cheerleader einer Mainstream Meinung sein, wenn diese nicht meiner eigenen entspricht. Ich versuche immer authentisch zu sein.

Das Publikum ist nicht dumm. Es merkt sofort, wenn es um plumpe Effekthascherei geht.

Die Redaktion: Was ist Ihnen im Leben wichtig?

Anne Vogd: Meine Familie und Gesundheit

Die Redaktion: Wir sind ein Kinderspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?

Anne Vogd: Als Kinder spielten unsere Eltern mit uns gerne Halma, Mühle, Mensch ärgere Dich nicht, Fang den Hut – die Klassiker halt. Dann passierte folgendes: Das Spielkasino in meiner Heimatstadt Aachen übte auf uns Kinder (ich habe noch 2 Geschwister) eine besondere Anziehungskraft aus.

Wir durften aber nicht rein. Folglich brachte mein Vater irgendwann ein großes Roulette Spiel mit nach Hause. Anstatt Rudi Carrell ‚am laufenden Band‘ zu schauen, haben wir dann samstags abends zu fünft Roulette gespielt. Später kamen dann Doppelkopf und Schach dazu.

Die Redaktion: Was war Ihnen dabei wichtig, wenn Sie mit Ihren Eltern oder Geschwistern gespielt haben?

Anne Vogd: Der Spaß. Mir war es meistens egal, dass ich verlor. Ich wollte nur ab und zu mal gewinnen, damit mein Bruder mich vor seinen gutaussehenden Mitschülern nicht als völlig ‚unterbelichtet‘ darstellen konnte. Mein Bruder war da anders.

Mein Opa musste ihn als kleinen Jungen immer trösten, wenn er beim ‚Mensch ärgere Dich nicht‘ verloren hatte. Er sagte dann Sachen wie ‚Verlieren ist wie Gewinnen – nur umgekehrt‘.

Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?

Anne Vogd: Spontan würde ich sagen: Anke Engelke, Bastian Pastewka, Jürgen von der Lippe, Louis de Funes und Günther Oettinger. Ich denke, das wäre eine fulminante Mischung, die aber vermutlich dazu führen würde, dass wir gar nicht zum Spielen kämen, weil wir vorher schon lachend vom Stuhl kippen würden.

Die Redaktion: Welches Spiel spielen Sie am liebsten? Und was spielen Sie heute mit Ihren Kindern oder Freunden?

Anne Vogd: Carcassone, Elfenland, Monopoly. Das sind die Klassiker für einen verregneten Sonntag Nachmittag mit der Familie. Wenn wir mit unseren Freunden im Ski Urlaub sind, ist Tabu meine erste Wahl. Damit haben wir schon so manche Hotelbar aufgemischt….

Bildrechte Anne Vogd/Müller & Friends

Die Redaktion: Schummeln Sie auch gern mal im Spiel?

Anne Vogd: Selbstverständlich! Immer! Das ist Teil des Spiels. Es ist zwar vom Hersteller so nicht vorgesehen, aber es erhöht den Spaßfaktor ungemein, weil sowohl mein Mann, als auch meine Tochter wissen, dass ich schummel‘ – und trotzdem verliere.

Aber keiner weiß genau, wann es geschieht. Das Aufdecken meiner Schummelei ist für die beiden mittlerweile ein genauso ehrgeiziges Ziel wie das eigentliche Gewinnen. Der Moment, in dem ich entlarvt werde, hat den Stellenwert eines Etappensieges – vor dem finalen Triumph.

Die Redaktion: Könnten Sie sich vorstellen, auch selber mal ein Spiel zu erfinden?

Anne Vogd: Ich glaube, dafür reicht mein analytisches und logisches Denkvermögen nicht aus. An der Kreativität würde es sicherlich nicht scheitern. Kreativ war ich schon immer, vor allem beim Geschichten erfinden.

Damit habe ich meine Tochter, als sie noch klein war, immer bei Laune gehalten, z.B. wenn wir zu Oma und Opa nach Aachen fuhren und sie nach knapp drei Stunden Fahrt anfing, zu quengeln.

Zu diesem Zeitpunkt waren wir meist kurz vor dem Aachener Kreuz, in Weisweiler, wo das RWE Kraftwerk steht, das Unmengen an Wasserdampf über seine riesigen Kühltürme Richtung Himmel abgibt.

Ich habe meiner damals vierjährigen Tochter dann immer erzählt, dass hier, und nur hier, die Wolken für die ganze Welt produziert würden. Noch heute spricht sie von der ‚Wolkenfabrik‘.

Die Redaktion: Auf welche Frage hätten Sie in letzter Zeit keine Antwort?

Anne Vogd: What’s next….?

Die Redaktion: Welches Spielthema würde Sie reizen?

Anne Vogd: Da gibt es konkret zwei: Zum einen Spiele, bei denen man über seinen eigenen Schatten springen muss, in dem man ‚performt‘ z. B. wenn man pantomimisch etwas darstellen muss oder spontan reimen oder singen muss. Etwas, wobei man sonst eine gewisse Hemmschwelle verspürt.

Diese Art von Spielen liebe ich, wenn man mit Freunden abends in geselliger Runde zusammensitzt und ein Glas Wein getrunken hat. Das kann sehr lustig werden. Darin bin ich auch immer gut – sowohl im Spielen als auch im Weintrinken.

Die andere Art sind Spiele, bei denen es mehr um Strategie und ums wohlüberlegte Handeln geht – also weniger um ‚Tumult‘.

Darin bin ich nicht so gut. Trotzdem mag ich sie, weil sie mir immer wieder meine Grenzen vor Augen führen. Sie ‚erden‘ mich. Elfenland ist so ein Spiel oder Carcassone – das spielen wir gerne zu dritt.

Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?

Anne Vogd: So weiter machen wie bisher. Der Weg entwickelt sich in dem Moment, in dem man ihn geht. Das ist mein Plan A. Und wenn der nicht funktioniert, tritt Plan B ein. Der sieht genauso aus wie Plan A, nur mit noch mehr Schokolade und Weißwein.

Die Redaktion: Vielen Dank.

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.