Angesagt – Kristin Langer

Bild Schauhin

Sehr geehrte Frau Langer,
Sie sitzen sprichwörtlich auf der „Mediencoach“ des Projektes „Schau-hin“. Was kann sich der Leser darunter vorstellen, was Sie da machen und was ist „Schau-hin“ überhaupt?

Frau Langer: Unter Coaching versteht man ja – nicht nur im Sport – das Trainieren und Anleiten von Menschen, damit sie persönliche Ziele erreichen. Entsprechend begleite und berate ich Eltern dabei, für sich und ihre Kinder einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Medien passend für ihre Familie zu entwickeln. Konkret können Eltern in der Onlineberatung per Email oder wir Sprechstunden im Chat anbieten, ihre Fragen direkt an mich richten.

In der Beratung bemühe ich mich, konkrete, alltagstaugliche Tipps zu geben, damit Erwachsene ihre Kinder bei der Mediennutzung kompetent begleiten können. Außerdem berate ich die bundesweite Initiative SCHAU HIN! Was dein Kind mit Medien macht fachlich, arbeite an Tipps und Empfehlungen mit, wenn Broschüren, Mitmachaktionen oder neue Inhalte für die Webseite entwickelt werden.

SCHAU HIN! versteht sich als Medienratgeber für Familien, informiert Eltern und Erziehende über aktuelle Entwicklungen der Medienwelt, über Möglichkeiten zur Information, Interaktion und Unterhaltung, aber auch über Risiken wie Kostenfallen, Werbung, Datenlecks, Kontaktgefahren, Cybermobbing, exzessive Mediennutzung oder beeinträchtigende Inhalte wie Gewalt und Pornografie. Zugleich gib SCHAU HIN! Eltern und Erziehenden Orientierung in der elektronischen Medienwelt, denn diese Internetplattform bietet auf einen Blick Informationen und Empfehlungen zu vier Medienbereichen.

Die Redaktion: Wie wird man eigentlich Medienberater?

Frau Langer: In meinem Falle habe ich, sozusagen als Grundausbildung, ein Pädagogikstudium absolviert und dabei den Schwerpunkt Medienpädagogik gewählt. Das Wissen, wie Medien „gemacht“ werden, habe ich erworben, Studien wie Medien als Kommunikationsmittel eingesetzt werden, aber auch wie Menschen Medien in ihrem Alltag nutzen, wie Medieninhalte wirken und wie sich das Handeln von Menschen sinnvoll mit Medien verbinden lässt, waren einige der Schwerpunktthemen.

Außerdem habe ich im Laufe der letzten Jahre regelmäßig Zusatzqualifikationen in der Kommunikation mit und der Beratungsarbeit für Eltern absolviert. Seitdem digitale Medien einen immer größeren Einfluss auf unsere Lebenswelten nehmen, steigt der Beratungsbedarf von Eltern und Erziehenden. Ebenso sind Kinder und Jugendliche entdeckungsfreudiger geworden und die Medien, im Vergleich zu früheren Jahren, nicht nur einfacher zu bedienen, sondern auch leichter kostengünstig erhältlich.

Ich verstehe Medien in der Familie als spannende Herausforderung und Medienerziehung als einen wichtigen Bereich im Rahmen der Gesamterziehung unserer Kinder. Immer wieder neu muss ich mir zu den wechselnden Angeboten meine Meinung bilden und meinen Standpunkt vertreten. Schließlich sind wir Eltern die Wegbereiter für einen bewussten und verantwortungsvollen Medienumgang, geben unseren Kindern das Rüstzeug mit, sich zu kritischen Konsumenten und kompetenten Mediennutzern zu entwickeln.

Mein Wissen aber auch meine praktischen Erfahrungen weiterzugeben, das ist mir ein Anliegen. Als SCHAU HIN! mich gefragt hat, ob ich im Rahmen der Initiative als direkte Ansprechpartnerin für Eltern mitwirken möchte und auch die Grundidee „SCHAU HIN!“ mit verbreiten möchte, habe ich gerne „Ja“ gesagt.

Die Redaktion: Muss man für diese Aufgabe sehr technikaffin sein?

Frau Langer: Ich meine, ein grundsätzliches Interesse an technischen Funktionsweisen in der digitalen Welt muss schon gegeben sein, manchmal kann es auch Faszination oder Begeisterung sein.

Aber als Medienpädagogin stehen für mich vor allem die psychosozialen, kommunikativen, persönlichkeitsbildenden Aspekte bei der Mediennutzung im Vordergrund, genauso wie die handwerkliche und natürlich damit auch technische Gestaltung von Medienprodukten und deren Inhalten.

Für mich kommt es mehr darauf an, Zusammenhänge zu erkennen und zu verstehen und daraus Schlussfolgerungen zu ziehen. Um dies an einem Beispiel zu erläutern: Ein neuer Messenger kommt auf den Markt und landauf, landab wird er begeistert genutzt. Als Medienberaterin sollte ich wissen, was so ein Messenger bietet, was der Nutzer damit machen kann und welche Folgen sich daraus möglicherweise im Miteinander ergeben.

Welche Technik dabei im Hintergrund wirkt, muss ich nicht zwingend wissen.

Die Redaktion: Da in diesen Bereich auch das Thema Spielen fällt, haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?

An was können Sie sich dabei erinnern? Was war Ihnen aus heutiger Sicht dabei wichtig? Und was haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?

Frau Langer: Ja, in meiner Kindheit haben wir in der Kleinfamilie, also mit meinen Eltern, aber auch mit den Großeltern und Verwandten gespielt. Klassische Brettspiele und Kartenspiele haben uns bei Familientreffen und als Abendunterhaltung zusammengeführt. Ferienspaß gab es mit Ballspielen, Schnitzeljagden oder Verstecken und Fangen. Meine Eltern haben sich dabei aktiv beteiligt.

Ich war die Jüngste in der Familie und fand mich häufig im Nachteil. Mir wurde immer nachgesagt, ich könnte schlecht verlieren und das müsste ich lernen. Das war eine harte Schule und natürlich ging es nicht ohne Wutausbrüche oder Tränen. Schön fand ich aber dennoch, dass wir alle beieinander waren und gemeinsam etwas getan haben.

Wenn ich mit meinen Großeltern und Paten gespielt habe, machte das Spielen mit den „Großen“ besonderen Spaß, es war entspannender – vielleicht habe ich dort öfter gewonnen!? Rückblickend kann ich jedenfalls sagen, dass ich froh darüber bin, dass wir so etwas wie eine Spielkultur gelebt haben und mich das schon sehr geprägt hat.

Die Redaktion: Wenn Sie Kinder haben, was spielen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern? Was macht das Spielen mit Ihren Kindern aus Ihrer Sicht aus?

Frau Langer: Mit meiner Tochter spiele ich bis heute. Inzwischen ist sie ein Teenager, aber im Grunde haben wir alles gespielt, was drinnen und draußen möglich war. Im Kleinkindalter Memories, Brett- und Kartenspiele, selbst erfundene Rollenspiele, Abenteuerspiele im Freien, Spiele aus anderen Ländern. Ab der Grundschule kamen dann auch erste digitale Spiele hinzu, die wir auf Kinderwebseiten gefunden haben. Und bis heute spielen wir Kartenspiele, Strategiespiele und andere in der Familie: konventionell und digital.

Das Tolle beim Spielen ist für mich, dass man auf einmal ganz anders sein kann, als im realen Leben. Die Spielewelt ist etwas ganz Besonderes, denn die Spielregeln heben die sonstigen Regeln zwischen Eltern und Kindern immer für eine gewisse Zeit auf, weil der Spielspaß und das Spielziel das Wichtigste sind. Es ist manchmal überraschend, was beim Spielen plötzlich möglich ist und was man voneinander erfährt.

Die Redaktion: Und da man ja nicht nur mit Kindern spielt, stellt sich die Frage, was Sie mit Ihren Freunden spielen?

Frau Langer: Momentan treffe ich mich unregelmäßig mit Studienfreunden und Arbeitskollegen zu Spieleabenden, an denen dann jeder ein „besonderes“ Spiel mitbringt. Regelmäßiger spiele ich mit Freundinnen Doppelkopf, wobei ich faszinierend finde, wie variabel sich im Laufe einer Spielrunde immer wieder die Spielzüge und –kombinationen ergeben.

Die Redaktion: Heutzutage leiden alle unter Stress und Zeitnot. Dadurch haben oder besser gesagt, nehmen sich Eltern keine Zeit, mit ihren Kindern zu spielen.

Was würden Sie Eltern raten, wie wichtig es wäre, mit ihren Kindern zu spielen?

Frau Langer: Ich weiß, dass Kinder aus Spielen viel lernen können, über sich, über andere, in Sachen Regeln verstehen und anwenden. Sie erfahren, wie es ist, Sieger zu sein oder zu verlieren. Wichtige Komponenten, die auch in anderen Lebensbereichen gefordert werden. Wenn ich Strategien entwickele, mit anderen gemeinsam ein Ziel erreichen will, dann setze ich Fähigkeiten ein und eigne mir außerdem Wissen an auf angenehme, entspannte Weise.

Eltern können sich beim Spiel sozusagen ganz nebenbei auch ein Bild von ihrem Kind machen und das ist in meinen Augen eine wertvolle Erfahrung, von der ich im Zusammenleben mit meinem Kind profitieren kann. Oft sind sich Eltern und Kinder beim Spielen sehr nahe – und das finde ich, sind wertvolle Elternmomente.

Die Redaktion: Wenn Sie in die Rolle eines Spieleerfinders schlüpfen könnten, welches Spiel würden Sie denn gern einmal erfinden wollen?

Frau Langer: Ich glaube, ich würde ein Spiel erfinden, mit dem man ganz leicht mathematische Zusammenhänge begreift, ohne dass man es richtig merkt. Löst man dann später mathematische Gleichungen, wird das Wissen automatisch abgerufen, das fände ich genial. Vermutlich hätte meine Spielewelt etwas mit Zeitreisen zu tun, bei denen die Spieler überraschendes aus verschiedenen Epochen erfahren, vielleicht über berühmte Personen oder Orte, aber auch Zukunftsvisionen würde ich einbauen.

Es wäre vermutlich ein Adventurespiel. Ob ich eine digitale oder konventionelle Version erfinden würde? Da bin ich noch nicht festgelegt.

Zur Person

Kristin Langer unterstützt SCHAU HIN! als Mediencoach und fachliche Beraterin. Die studierte Medienpädagogin und Mutter einer Tochter hat langjährige Erfahrungen im Bereich der Medienerziehung aus ihrer Arbeit für die Bundeszentrale für politische Bildung, das Kinder- und Jugendfilmzentrum in Deutschland sowie die Landesanstalt für Medien Nordrhein-Westfalen.

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 20 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.