Angesagt – Martin Baltscheit

Bildrechte ©Stephanie Weiler

Sehr geehrter Herr Martin Baltscheit,
Sie sind Comiczeichner, Illustrator, Schriftsteller, Sprecher und Schauspieler. Zurzeit läuft Ihr Film „Nur ein Tag“ im Kino.

Frage: Wie würden Sie sich selber beschreiben, für Leute, die Sie noch gar nicht kennen?

Martin Baltscheit: Ich bin ein Geschichtenerzähler.

Frage: Um was geht es in der Geschichte „Nur ein Tag“?

Martin Baltscheit: Was mache ich mit meinem Leben, wenn ich nur einen Tag habe? Erzählt in Form einer Fabel.

Frage: Beim Hörverlag haben Sie jetzt gerade erst die Geschichte „Die Pfefferkörner und der Fluch des schwarzen Königs“ eingesprochen. Wie kann man sich so einen Tag im Studio als Sprecher vorstellen? Wie läuft so etwas ab?

Martin Baltscheit: Manuskript auf das Pult. Licht nur auf den Text. Glas Wasser. Lesen. Text genießen. Bei Fehlern nochmal lesen.

Frage: Wie bereitet man sich als Sprecher auf seine Rolle vor, denn als Elternteil weiß man, dass Vorlesen auch schon ganz schön langweilig werden kann? Was machen Sie, dass es nicht langweilig wird?

Martin Baltscheit: Ein guter Text wird niemals langweilig.

Aktueller Film von Martin Baltscheit/ Bildrechte W-Film

Frage: Sie haben viele Kinderbücher illustriert, ist es anders, wenn man schreibt und illustriert oder wenn der Autor sagt, dass er dieses oder jenes Bild haben möchte. Wie entstehen dann die Bilder?

Martin Baltscheit: Als Autor schreibe ich die Bilder als Anmerkungen in den Text. Der Illustrator liest den Text und folgt meinen Ideen, oder hat bessere.

Als Illustrator lese ich einen Text und streiche mir die Textstellen an, die ich gerne illustrieren möchte. Bei einem Bilderbuch machen ich ein Storyboard und man sieht sich gemeinsam an, was Sinn macht, wir verbessern, auch den Text und danach mache ich mich an die Ausarbeitung.

Als Autor und Illustrator mache ich zuerst den Text und illustriere dann die Bilder. Text und Bilder verändern sich während der Zusammenführung wechselweise, solange bis das Timing stimmt. Ist es perfekt, zeige ich es meiner Lektorin. Danach mache ich eine zweite Fassung, die besser ist als die erste.

Frage: Ist es günstiger, wenn ein Illustrator von Anfang an mit an der Geschichte arbeitet oder erst wenn alles fertig ist?

Martin Baltscheit: Es gibt Illustrationen, zu denen habe ich Texte geschrieben. Eine enge gemeinsame stückweise Arbeit an einem meiner Texte habe ich noch nicht gemacht. Fühlt sich auch nicht gut an. Lieber ist mir eine erste Fassung mit meinen Bildangaben. Es ist gut, wenn ein Autor weiß, was er will.

Danach ist es immer noch genug Arbeit, die Erzählung gut oder lieber noch brillanter als es in meiner Vorstellung war, umzusetzen. Die Auswahl eines Illustrators ist ja schon immer auch eine Entscheidung für die Gesamtstimmung eines Werkes. Ich verstehe mich immer als Regisseur meiner Bücher.

Am Ende aber ist günstig, was am meisten Spaß macht. Für mich gibt es ja kaum einen größeren Spaß als die Bilderbuchkunst.

Villa Wunderbar, gelesen von Martin Baltscheit

Frage: Irgendjemand hat einmal gesagt, dass man als Illustrator oder auch Autor Idealist sein muss, denn man wird nicht reich. Sind Sie ein Idealist?

Martin Baltscheit: Ja, und ich würde gerne reich werden damit.

Frage: Wenn Sie jetzt zurückblicken, haben Sie diesen Schritt jemals bereut, Künstler zu werden?

Martin Baltscheit: Nein.

Frage: Was von den Dingen, die Sie machen, machen Sie am liebsten?

Martin Baltscheit: Immer das Augenblickliche. Ich brauche die Abwechslung. Die Künste befruchten sich gegenseitig. Monokultur ich nicht. Multitalent aber ist Fluch und Segen zugleich, denn immer fürchtet man, nicht genug in die Tiefe gehen zu können.

Bildrechte ©Stephanie Weiler

Frage: Wir sind ja eigentlich ein Magazin, welches Kinderspiele und Spiele vorstellt, ohne dass wir dabei von Verlagen bezahlt werden, um unabhängig zu sein. Haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt? Und was war da Ihr schönster Moment?

Martin Baltscheit: Wir haben viel gespielt. Gegen meinen Vater habe ich immer verloren. Alles und immer. Gegen die anderen war es ausgeglichen. Unsere Familienspiele waren Monopoly und ein Spiel, das hieß „Karriere!“

Ich habe als Kind immer von einem Filmemacherspiel geträumt, in dem man Spielfilme produzieren muss, die man finanziert, castet und am Ende in drei Minuten vorspielen muss. Zum Schluss verleihen die Spieler in geheimer Abstimmung ihre Oscars.

Die Pfefferkörner und der Fluch des schwarzen Königs, gelesen von Martin Baltscheit/ Bildrechte cbj audio

Frage: Was wird bei Ihnen zu Hause gespielt?

Martin Baltscheit: Wir spielen Apps! Aber nur die guten. Jetzt im Urlaub habe ich angefangen, meinen Jungs Skat beizubringen.

Frage: Spielen verbindet und macht bekanntlich viel Spaß. Spielen Sie auch mal mit Ihren Freunden?

Martin Baltscheit: Nein. Wir reden. Oder arbeiten.

Frage: Gibt es ein besonderes Spiel, was Sie mit Erinnerungen verbinden und immer wieder gerne spielen?

Martin Baltscheit: Skat. Das habe ich als Erwachsener mit meinem Vater, seinem Bruder und dessen Sohn gespielt. Das war Vater/Sohn verbindend und ich habe auch nicht mehr so oft verloren.

Frage: Schauspieler haben eine Traumrolle, was für einen Traum haben Sie?

Martin Baltscheit: Jeden Tag einen neuen Traum.

Oder den Traum vom religionsfreien, polyamoren Planeten, der seine Zukunft gestaltet ohne Wahnvorstellungen.

Der kleine Drache Kokosnuss, gelesen von Martin Baltscheit, Bild Der Hörverlag

Frage: Was planen Sie für die Zukunft?

Martin Baltscheit: Weltherrschaft der Bilderbücher und endlich ein paar schöne Löwenspiele.

Infobox

Zur Person
Martin Baltscheit, geboren 1965, ist als Illustrator, Sprecher und Autor von Kinderbüchern, Theaterstücken und Hörspielen ein Multitalent. Für seine Arbeiten erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. Martin Baltscheit lebt in Düsseldorf. (Der Hörverlag)

Preise & Auszeichnungen (Auswahl)

  • 2016: Deutscher Kindertheaterpreis für „Krähe & Bär“
  • 2014: hr2 Hörbuch des Jahres 2014 „Nur ein Tag“
  • 2014: Deutscher Kurzfilmpreis „Die Nacht des Elefanten“
  • 2014: Lesekünstler 2014
  • 2013: Deutscher Sprecher-Hörbuchpreis mit „Zorgamazoo“
  • 2011: Deutscher Jugendliteraturpreis „Die Geschichte vom Fuchs“
  • 2010: Deutscher Jugendtheaterpreis für „Die besseren Wälder“
  • 2009: Kinderbuchpreis NRW mit Ulf K. für „Professor Paul“
  • 2002: Kinderbuchpreis NRW mit Zoran Drvenkar „Der einzige Vogel“

https://www.baltscheit.de/

Bildrechte ©Stephanie Weiler, Cover: Der Hörverlag, Filmplakat: W-Film

Über Die Redaktion 14638 Artikel
Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 20 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.