Sehr geehrter Herr Sascha Melein,
Sie sind eigentlich als Journalist und Texter tätig. Und Sie haben Ihr erstes Kinderbuch veröffentlicht. Wie kommt man eigentlich dazu Kinderbücher zu schreiben? Und wer hat Sie dazu inspiriert?
Sascha Melein: Ich machte die Erfahrung, dass ich sehr, sehr gerne Papa bin. Kinder sind unglaublich sinnstiftend im Leben. Ich genieße es abends meiner Tochter Geschichten zu erzählen.
Davor war mein Sohn dran, aber er ist nun 15 Jahre alt und schreibt selbst Geschichten. Unsere beiden Kinder sind in Südfrankreich geboren. Wir waren und sind viel in der Natur unterwegs.
Die Seealpen direkt hinter Nizza sind ein wundervolles Abenteuerland. Frösche, Schlangen, Skorpione, Mäuse, kleine Taubenbabys, ja selbst Wölfe kann man dort entdecken. Hier haben wir uns unsere Inspirationen geholt.
Bei unseren Ausflügen wollte unsere Tochter Victoria immer wieder jedem noch so kleinen Tier helfen, Käfern, Schnecken und Fröschen. Und so sind dann die Geschichten von Victoria, der Freundin der Tiere, entstanden. Meine Frau meinte irgendwann einmal zu mir: «Sascha, du solltest die Geschichten aufschreiben!» Es hat ein wenig gedauert, aber dann legte ich einfach los.
Dass ich überhaupt mit dem Schreiben angefangen habe, verdanke ich übrigens meiner Großmutter Nana, sie ist selbst Schriftstellerin und ich habe sie stets dafür bewundert.
Die Redaktion: Können Sie kurz erzählen, um was es in dieser Geschichte geht, ohne zu viel zu verraten?
Sascha Melein: Victoria ist die Freundin der Tiere und hilft jedem Tier in Not. Sie lebt mit ihrem besten Freund, dem Höhlenbär im Zauberwald. Im ersten Band mit dem Titel „Der Flohzirkus“ kommen vier kleine Flöhe zu ihr, die ihr Zuhause verloren haben und nun heimatlos in der Welt umherreisen.
Victoria soll ihnen helfen und so machen sie sich alle gemeinsam auf die Suche nach dem Flohzirkus. Ob sie ihn finden, wird noch nicht verraten. Am Ende des Buches gibt Victoria Tipps, wie Kinder den Wald schützen können und die Tiere lieben lernen.
Diese Tipps hat meine Tochter zusammengestellt. Es ist eine Geschichte über Freundschaft, Hilfsbereitschaft und ein selbstbewusstes Mädchen, das die Tiere und die Natur liebt.
Die Redaktion: Die Illustrationen in diesem Buch sind einfach nur gelungen und sie tragen dazu bei, dass die Leser förmlich in die Geschichte eintauchen können. Wer steckt hinter diesen Zeichnungen? Und inwieweit hatte Ihre Tochter dazu das letzte Wort bei der Illustration der Geschichte?
Sascha Melein: Ich bin so glücklich, dass ich Andrea Baitz für «Victoria und den Höhlenbären» begeistern konnte. Sie ist herrlich einfühlsam und unglaublich talentiert.
Ihr Stil und ihr Sinn fürs Detail in ihren Illustrationen passten von Anfang an perfekt zur Story. Allein, wie sie die kleinen Flöhe im ersten Band umgesetzt hat, ist wundervoll! Victoria war von den Bildern genauso begeistert.
Die Zeichnungen von ihr haben ihr gleich gefallen.
Die Redaktion: Sie machen mit Ihrer Geschichte viele Kinder glücklich und wiederum auch deren Eltern, wenn sie beim Vorlesen in die Augen ihrer Kinder schauen. Was bedeutet eigentlich für Sie Glück? Kann man Glück anfassen, riechen, schmecken? Wie teilen Sie Ihr Glück mit anderen?
Sascha Melein: Ja, das kann man. Sie haben es bereits sehr gut beschrieben. Elternglück liegt definitiv in den Augen der Kinder. Abends kuschelt sich meine Tochter an mich und lauscht den Geschichten, die ich ihr erzähle.
Sie sind oft zu spannend, als dass sie gleich einschlafen würde. Aber wenn dann doch irgendwann ihr Atem gleichmäßig geht, sie einschläft und ich sie in ihr Bett trage, dann kann man Glück auch anfassen, riechen und mit dem Herzen «schmecken».
Ich teile mein Glück sehr gerne mit anderen. Tatsächlich kann ich schöne Momente allein gar nicht genießen. Sie sind umso schöner, wenn man sie teilen kann. Dies empfindet meine Frau auch so und dies wurde dann irgendwann auch Kern unserer Familie.
Die Redaktion: Wir sind ein Familienspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?
Sascha Melein: Es steht tatsächlich noch oben auf dem Dachboden meiner Eltern: das Kasperletheater, welches meine Mama für uns Kinder gebaut hatte.
Auch die Figuren wurden von ihr handgemacht. Vorgelesen wurde auch sehr viel! Als ich in die erste Klasse kam, staunte der Klassenlehrer, da ich ihn mit «Ave Cesar, morituri te salutant » (die Todgeweihten grüßen Dich) am ersten Schultag begrüßte. Meine Mutter hatte mir alle Bände von Asterix & Obelix so oft vorgelesen, dass ich sie auswendig konnte.
Wir sind auch sehr oft in die Wälder oder ans Wasser spazieren gegangen. Mein Vater kannte jeden Vogel und jeden Fisch mit Vornamen. Eine meiner schönsten Erinnerungen waren die Besuche in der Schelmenklinge bei Lorch. Wunderschöne mechanische Wasserspiele an einem kleinen Waldflüsschen. Kleine Figuren hoben durch Wasserkraft angetriebene Miniaturwerkzeuge, die klopften, hämmerten und sägten. Es war zauberhaft!
Es gibt sie übrigens immer noch, die Schelmenklinge.
Die Redaktion: Was war Ihnen dabei wichtig, wenn Sie mit Ihren Eltern oder Geschwistern gespielt haben?
Sascha Melein: Damals als Kind war mir wohl wichtig, dass sie sich mit mir beschäftigten und Zeit mit mir verbracht haben. Später habe ich dann verstanden, dass sie trotz eines anstrengenden Tages stets so viel Zeit für uns Kinder hatten.
Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals weggeschickt worden zu sein oder gestört zu haben. Wir hatten das Glück, dass es damals ja auch noch keine Handys und kein Internet gab.
Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?
Sascha Melein: Es wäre ein großer Tisch. Mir gegenüber würden Odysseus und Friedrich der Große sitzen. Neben mir Ramses und mein Großvater Vaterli, die sich mit Achilles, Jacques de Molay und Napoleon Bonaparte unterhalten würden, während mein Sohn Cédric und meine Tochter Victoria eifrig Fragen stellen und viel lachen würden.
Die Redaktion: Was schätzen Sie am gemeinsamen Spiel?
Sascha Melein: Die Kreativität, sich neu erfinden, sich an die Situation anzupassen und das viele Lachen. Die gute Laune!
Die Redaktion: Was würden Sie heute Ihrem jüngeren Selbst empfehlen?
Sascha Melein: Ich würde mir dringend raten, alle Geschichten aufzuschreiben, die mein Großvater Vaterli erzählte und noch nach ganz vielen Weiteren zu fragen. Das habe ich zu wenig getan.
Ich bin dann in die Welt hinaus gegangen und irgendwann war es leider zu spät dafür. Ansonsten mag ich mein jüngeres Selbst genau so wie es war.
Die Redaktion: Was planen Sie in der Zukunft?
Sascha Melein: «Victoria und der Höhlenbär» soll eine Bücherreihe werden. Der nächste Band ist schon in Planung. Darin geht es um den Opernsänger-Frosch Caruso und sein großes Problem. Welches das ist, wird noch nicht verraten!