Interview mit Herrn Bösel zum Projekt Farm Rebellion

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Sehr geehrter Herr Bösel,
das Projekt wurde seit 2020 mit dem Arbeitstitel „Farm Experiment“ vorbereitet und dann umgesetzt. Drehort war Ihr Hof „Gut und Bösel“. Wie sind Sie dazu gekommen? Haben Sie sich dazu beworben?

Herr Bösel: Nein, ich habe einen Vortrag gehalten und über die unterschiedlichen Pioniere und Pionierinnen der regenerativen Landwirtschaft gesprochen, wie zum Beispiel Ernst Götsch.

Im Publikum saß Jan Gisbert Schultze, wir kamen danach ins Gespräch, und haben dann gesagt ja, dann lass uns das doch gemeinsam machen. Daraus ist die „Soil Alliance“ entstanden und wir haben versucht, die Visionäre und Visionärinnen der regenerativen Landwirtschaft nach Deutschland zu holen.

Bei einer Veranstaltung in München lernte ich dann Martin Tischner von der Produktionsfirma megaherz kennen. Und wir sprachen über die Landwirtschaft und Ideen, wie man das irgendwie darstellen könnte und schließlich entstand die Idee zur Serie.

Die Redaktion: Die Grundlage des Projektes beruht auf dem Konzept von Beyond Farming. Was beinhaltet dieses Konzept?

Herr Bösel: Mit Beyond Farming versuchen wir im Grunde genommen zu vermitteln, dass die Landwirtschaft viel mehr ist als nur die Produktion von Lebensmitteln.

Die Frage der Landnutzung ist der mit Abstand größte Hebel, um die großen Probleme unserer Zeit lösen zu können. Landwirtschaft heißt immer überall auch Klimaanpassung, Biodiversität, Gesundheit, Entwicklung und Chancengleichheit, auch Bildung. Und das müssen wir der Gesellschaft und der Politik vermitteln, auch, wie wir Wissenschaft betreiben.

Beyond Farming ist der Versuch zu zeigen, wieviel Sinnstiftendes und Faszination in Landwirtschaft und Landnutzung stecken. Für mich ist es zugleich das Bedeutendste, Schönste, Anspruchsvollste und Härteste, was man machen kann. Farming is Life.

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Die Redaktion: Sie wollen mit dem Projekt zeigen, dass es sich lohnt, den zukünftigen Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. Was macht das Projekt Farm Rebellion anders als andere ökologische Landwirtschaften?

Herr Bösel: Die Methoden und Grundlagen, auf die wir aufbauen und nutzen, sind nicht Dinge, die wir erfunden haben oder meinen besser zu können als andere.

Das ist alles im Grunde genommen Wissen, das teilweise indigenes Wissen ist und auf den Ursprung der Zivilisation zurückgeht. Wir haben einen starken Fokus auf die Wissenschaft und Forschung indem wir versuchen möglichst viele Daten greifbar zu machen. Diese sollen uns helfen, mit den Herausforderungen der Zukunft besser umgehen zu können.

Bei uns dreht sich also alles um die Frage: Wie können wir einen gesunden Boden aufbauen? Und im Rahmen dessen gibt es für uns einige Methoden, die wir ganz besonders nutzen, dazu zählt die Kompostierung.

Das ist sicherlich etwas verbreiteter. Dann nutzen wir noch ein paar Methoden der regenerativen Landwirtschaft wie Agroforst, demzufolge integrieren wir schmale Baumstreifen in den Ackerbau.

Wir folgen den Prinzipien der syntropischen Landwirtschaft, also dem Pflanzen von miteinander funktionierenden interaktiven Ökosystemen in Reinform, die auch wieder gleichmäßig über die Äcker verteilt werden.

Wir integrieren die Rinder nach den Methoden des ganzheitlichen Weidemanagements. Das sind alles Methoden, die wir ganz dezidiert in unserem trockenen Standort testen, entwickeln, erforschen. Wir glauben, dass die Herausforderungen, die wir heute schon haben, die Herausforderungen der Zukunft sind. Für viele, viele Menschen über die Region Brandenburg hinaus.

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Die Redaktion: Unterstützt wurde das Projekt von Fachleuten aus aller Welt. Wie war die Zusammenarbeit mit den Fachleuten?

Herr Bösel: Im Jahr 2018 habe ich Ernst Götsch gefunden als ich gerade die Idee begrub, aus „Gut und Bösel“ einen komplett digitalisierten, gläsernen Betrieb machen zu wollen.

Denn das hätte mich genau weggebracht von den Herausforderungen, die vor mir standen. Und in dieser Phase habe ich weltweit nach Lösungen gesucht, nach Vordenkern und Vordenkerinnen, die den Boden ins Zentrum der landwirtschaftlichen Philosophie stellen. Und die Antworten auf die Frage suchen, wie wir die Ökosysteme und die Böden gesunden können.

Und die das nicht nur erfolgreich in Bezug auf die Ökologie, sondern auch auf den wirtschaftlichen Aspekt gezeigt haben. Und da bin ich neben anderen auch auf Ernst Götsch in Brasilien und Isabella Tree in Großbritannien gestoßen, die bewiesen haben, was möglich ist, wenn wir die Dinge ein bisschen anders sehen.

Da war für mich klar, dass das der Weg sein muss. Und so begann im Grunde der Prozess, einerseits deren Wissen nach Alt Madlitz zu bringen, aber auch Menschen hinzuzuholen, die das Umsetzen können und wollen.

Die Redaktion: Der globale Klimawandel ist nicht wegzudiskutieren. Gewässer trocknen aus und auf der anderen Seite verbrauchen zum Beispiel Tomaten, die ganzjährig in Spanien angebaut werden, unnötig viel Wasser. Auf ein Kilo Tomaten kommt ca. eine Badewanne Wasser. Was kann jeder Einzelne von uns machen, um die Welt vor dem Untergang zu retten?

Herr Bösel: Daran können wir jeden Tag mit unserer Kaufentscheidung und mit unserer Essensentscheidung teilhaben: Wie wird die Landwirtschaft betrieben, aus welcher Produktionsform kommt mein Essen?

Wir haben somit einen großen Beitrag auf die Art und Weise, wie die Landwirtschaft aussieht und wie die Zukunft aussieht. Das ist das eine, das ist das sehr Offensichtliche. Auf der anderen Seite muss man auch sagen, dass sich viele Menschen aus verschiedenen Gründen ihr Essen nicht nach qualitativen Faktoren aussuchen können, sondern nach dem Preis schauen.

Und da wird dann klar, dass wir an die großen strukturellen Themen rangehen müssen. Das heißt, wir müssen über die Verantwortung von Firmen sprechen, wir müssen über die politischen Rahmenbedingungen sprechen, wir müssen über den Fokus der Wissenschaft, den Fokus der Technologie sprechen, das Thema Bildung und Ausbildung auch in Bezug auf Ernährung und Landwirtschaftssysteme anpassen.

Und wir können unser Essen auch über unsere Wahlentscheidung angehen, in dem wir im Wahlkreis auf die Politiker und Politikerinnen zugehen und unsere Anliegen klar formulieren.

Das ist sicherlich auch etwas, was wir machen können. Und zu guter Letzt: Wenn wir Balkonpflanzen haben oder einen kleinen Garten, können wir mulchen!

Unkräuter oder Beikräuter, die wir zupfen oder Äste, die wir abschneiden, nicht wegschmeißen, sondern auf den Boden legen, sodass er bedeckt ist. Dann haben die Bodenlebewesen Nahrung und der Boden ist geschützt vor der Sonneneinstellung und Erosion.

Die Redaktion: Warum sollte man sich die Serie auf Disney+ ansehen?

Herr Bösel: Meine Hoffnung ist, dass sie Freude macht, dass sie Mut macht und dass man begeistert wird von der Landwirtschaft. Denn diese positive Aussicht auf die Zukunft ist mit der Natur möglich und nur mit einer positiven Aussicht werden wir eine Chance haben auf die Herausforderungen der Zukunft gut zu reagieren.

Die Redaktion: Wir sind ein Familienspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?

Herr Bösel: Ehrlicherweise waren wir nie der große Spielhaushalt. Ich hatte das Glück, auf dem Land aufzuwachsen. Ich habe deswegen immer allein im Wald mit Tieren gespielt oder mit unseren Hunden. Das heißt, meine besten Spielkameraden waren die Natur und die Tiere, die dort bei uns gelebt haben.

Die Redaktion: Was war Ihnen dabei wichtig, wenn Sie mit Ihren Eltern oder Geschwistern gespielt haben?

Herr Bösel: Also, wenn wir mal gespielt haben, war mein Ziel, zu gewinnen.

Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?

Herr Bösel: Meine Freundin Tess, Arthur Schopenhauer, Barack Obama und Loriot. Das wäre eine gute Runde.

Die Redaktion: Was schätzen Sie am gemeinsamen Spiel?

Herr Bösel: Lernen, mit Niederlagen umgehen zu können.

Die Redaktion: Was würden Sie heute Ihrem Jüngeren Selbst empfehlen?

Herr Bösel: Kurz und knapp: Mach dir nicht so viele Gedanken.

Info-Ecke

„Farm Rebellion“ ist eine außergewöhnliche Dokumentarserie über eine einzigartige Farm, die auf moderne, multifunktionale Landwirtschaft fokussiert ist.

Mit Vordenkerinnen und Vordenkern aus der ganzen Welt sowie lokalen Helferinnen und Helfern, die ihrem Leben eine neue Richtung geben wollen, stellt sich einem Team von jungen Menschen – bestehend aus Expertinnen und Experten auf ihren Gebieten – den Herausforderungen, denen die Landwirtschaft gegenübersteht.

Website https://www.gutundboesel.org/

 

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 20 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.