Yvette Vaessen: Wenn die Nachfrage den Preis sprengt

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Sehr geehrte Frau Yvette Vaessen,
Wenn die Nachfrage den Preis sprengt – Warum das Spiel des Jahres kurzzeitig über 100 Euro kostete.

Wenn ein Spiel, das normalerweise um die 25 Euro kostet, plötzlich für über 100 Euro zu kaufen ist, stellen sich viele Menschen die Frage: Wie kann es soweit kommen?

Aktuelles Beispiel für diese kuriose Preisentwicklung ist das Spiel des Jahres 2019 Just One.

Der Grund dafür ist einfach zu finden, denn Just One ist bis vor kurzem einfach nicht anders zu kaufen gewesen. Inzwischen ist das Spiel wieder verfügbar und bereits auf dem Weg in den Handel.

Die gute Nachricht für alle Spielefans ist also, dass der Preis bald wieder auf einem normalen Niveau sein wird.

Doch woran genau liegt es, dass die Nachfrage so hoch ist und nicht genügend Spiele verfügbar waren? Und kann man das verhindern?

Yvette Vaessen Commercial Director von Asmodee Deutschland, erläutert die Hintergründe zur Lieferbarkeit und was das Spiel des Jahres für einen Vertrieb wie Asmodee bedeutet.

Die Redaktion: 100 Euro für ein Spiel, das sonst knapp ein Viertel davon kostet, wie kann das sein?

Yvette Vaessen: Erst einmal möchte ich klar sagen, niemand muss 100 Euro für ein Just One bezahlen. Das Spiel ist seit kurzem wieder lieferbar und der Preis geht sicher sofort wieder runter. Aber da das Spiel stark nachgefragt ist und eine Zeitlang ausverkauft war, hat sich das Angebot so entwickelt.

Die Redaktion: Warum ist Just One so gefragt, dass nicht genügend Spiele lieferbar waren?

Yvette Vaessen: Das liegt daran, dass Just One zum Spiel des Jahres 2019 gewählt wurde. Durch den Preis ist die Nachfrage nach dem Spiel durch die Decke geschossen.

Die Redaktion: Spiel des Jahres, was genau ist das?

Yvette Vaessen: Das Spiel des Jahres wird jedes Jahr von einer unabhängigen Expertenjury aus den Neuerscheinungen des Jahrgangs gewählt. Es ist quasi der Oscar der Brettspielwelt und diesen Preis zu erhalten ist eine große Ehre. Gleichzeitig bedeutet der Preis auch, dass die Nachfrage explodiert.

Die Redaktion: Wie entscheidet die Jury, was Spiel des Jahres wird?

Yvette Vaessen: Die Mitglieder der Jury sind Experten für Spiele, die für Medien und im Internet über Spiele berichten. Sie sichten die Neuheiten und testen sie auf Herz und Nieren.

Da werden potentielle Kandidaten an die hundert Mal und öfter gespielt und Mitspieler befragt. Aus allen aktuellen Titeln werden dann die drei Nominierten gewählt. Darauf wiederrum wird dann, nach weiteren intensiven Tests, das Spiel des Jahres ausgewählt.

Den Preis gibt es inzwischen seit 40 Jahren und er ist eine echte Instanz in der Brettspielwelt und darüber hinaus.

Die Redaktion: Wenn das Spiel des Jahres so bedeutend ist, hätte Asmodee dann nicht dafür vorsorgen sollen, dass genug Spiele verfügbar sind?

Yvette Vaessen: Das lässt sich leider nicht so einfach planen. Dass ein Spiel in die engere Wahl kommt, wissen wir erst mit Bekanntgabe der Nominierung im Mai.

Und ob man dann den Preis gewinnt, erfährt man erst direkt auf der Verleihung Ende Juli.

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Die Redaktion: Das klingt spannend. Aber im Mai kann man dann doch schon planen?

Yvette Vaessen: Das haben wir auch gemacht und direkt 25.000 Spiele bestellt und noch mehr eingeplant.

Die Redaktion: 25.000 Spiele? Bei der Menge kann man sich kaum vorstellen, dass das Spiel nicht zu bekommen ist.

Yvette Vaessen: Leider brauchen Produktion und Lieferung so ihre Zeit. Wir haben den Auftrag Ende Mai erteilt, dann dauert es ein bis zwei Wochen, bis die Spielteile produziert sind. Danach gehen sie auf das Schiff nach Deutschland. Die Reise von China zu uns dauert dann noch einmal rund 6 Wochen. Die 25.000 Stück sind also gerade erst in unserem Lager eingetroffen.

Die Redaktion: Hat Asmodee also vorher nicht genügend Spiele gehabt?

Yvette Vaessen: Wir hatten schon vor der Nominierung nachbestellt, weil Just One vorher schon gut von den Spielern angekommen war. Aber mit der Nominierung waren diese Spiele dann auch direkt vergriffen.

Spiel des Jahres ist für einen Verlag Fluch und Segen zugleich. Jeder will das Spiel haben, aber man kann einfach nicht schnell genug Spiele ranschaffen.

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Die Redaktion: Also ist es normal, dass ein Spiel des Jahres eine Zeit nach dem Preis nicht erhältlich ist?

Yvette Vaessen: Das kommt sehr oft vor, da der Preis wirklich absolut unabhängig vergeben wird.

Die Jury, die komplett aus Spielekennern, Journalisten und Medienschaffenden besteht, hält die Spannung extrem hoch und niemand weiß, welches Spiel nachher den Preis erhält. Dadurch kann keiner der Nominierten besser planen.

Das macht den Preis aber auch umso bedeutender, da er von echten Experten vergeben wird und wie die Oscars auch, bis zum Schluss spannend sind.

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Die Redaktion: Und wird Just One also weiter solche Preiskapriolen schlagen?

Yvette Vaessen: Davon gehe ich nicht aus. Wenn einmal alles angelaufen ist, kommen regelmäßig neue Lieferungen rein, so dass das Spiel ab jetzt nie lange vergriffen sein sollte.

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.