Angesagt – Tyron Ricketts

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Sehr geehrter Herr Tyron Ricketts,
Sie sind Schauspieler, Musiker, Moderator und Autor. Viele Zuschauer kennen Sie aus Filmen wie Knockin’ on Heaven’s Door oder Russendisko.

Bei der ZDF Serie Soko Leipzig, wo Sie die Rolle des Kriminalkommissars Patrick Diego Grimm übernommen hatten, habe ich Sie bei Dreharbeiten kennengelernt. Für die Szene einer Explosion in einer Wohnung wurde mehrere Stunden gedreht. Die Szene hatte im Film aber nur wenige Minuten eingenommen. Und da hat man verstanden, wie anstrengend eigentlich der Beruf des Schauspielers ist.

Wollten Sie schon immer Schauspieler werden?

Tyron Ricketts: Nach meinem Abitur habe ich in diversen Werbeagenturen gearbeitet und ein Design Studium in Köln angefangen. Mein eigentlicher Traum war es, mich auf diese Art kreativ verwirklichen zu können. Bereits während meiner gesamten Schulzeit hatte Rap Musik einen großen Einfluss, der dazu geführt hat, dass ich erst eine Tanzgruppe und später eine Rapgruppe hatte, in der ich meine Kreativität zum Ausdruck bringen konnte.

Durch die Musik wurde ich schließlich von Regisseur Lars Becker für seinen Film “Bunte Hunde” entdeckt, was der Grundstein für meine Schauspielkarriere in Film und TV werden sollte. Geplant war es daher nicht, dass ich Schauspieler werden würde.

Die Redaktion: Sind Sie lieber Schauspieler, Musiker oder Moderator?

Tyron Ricketts: Zur Zeit macht es mir großen Spaß, als Schauspieler zu arbeiten. Ich denke, dass ich im Laufe der Zeit viel mehr Erfahrungen im Fach aber auch für das Leben gesammelt habe, sodass der Ausdruck von Gefühlen und Botschaften in meiner Arbeit zunehmend an Tiefe gewinnt.

Das ist ein schönes und befriedigendes Gefühl. Wenn dann noch die Bestätigung dazu kommt, dass man damit auch andere Menschen erreichen und berühren kann, wird aus dem Beruf eine Berufung.

Besonderen Spaß macht mir, dass ich in letzter Zeit auch zunehmend an der Entwicklung meiner eigenen Geschichten und Filmprojekte arbeite.

Dadurch verschmilzt die Schaffensfreiheit, die ich aus der Musik kenne, mit der Möglichkeit des Ausdrucks durch das Schauspiel.

Die Redaktion: Ihr aktuelles Filmprojekt trug den Titel „Kleine Große Stimme“. Der Film schilderte den Alltag von Kindern von Besatzungssoldaten mit Österreicherinnen und spielt in den 50er Jahren. Die Geschichte handelt von einem kleinen Jungen einer Österreicherin und eines US amerikanischen schwarzen Besatzungssoldaten.

Der Film zeigt, wie intolerant Menschen gegenüber anderen sein können. Und wenn man die damalige Zeit mit heute vergleicht, gilt es immer noch, viele Barrieren abzubauen.

Haben Sie selber auch schon solche Intoleranz gespürt?

Tyron Ricketts

Die Redaktion: Ist dies auch ein Grund, warum Sie sich zusammen mit Harry Belafonte dazu engagieren?

Tyron Ricketts: Für mich ist es eine große Ehre und eine einmalige Chance, mit einer Legende wie Harry zusammen arbeiten zu dürfen. Durch ihn habe ich viel gelernt und denke, dass ich einige der erlebten Dinge in Zukunft auch in meiner Heimat Deutschland umsetzen kann. Es ist interessant zu sehen, dass Deutschland in seiner Entwicklung und Vergangenheitsbewältigung viel weiter ist, obwohl die USA auf den ersten Blick multikultureller erscheinen.

Die Redaktion: Was kann jeder Einzelne von uns tun, dass diese Intoleranz abgebaut wird?

Tyron Ricketts: Ich denke, dass ein besseres Verständnis für gewisse Zusammenhänge, anstelle des stumpfen Wiederholens von Vorurteilen, ein wichtiger Schritt ist. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob man wirklich von jedem erwarten kann, sozio-ökonomische Zusammenhänge und kulturelle Prägungen in die Sichtweise auf die Welt miteinzubeziehen.

Ich glaube, dass hier auch die Medien gefragt sind, ein Bild von unserer Gesellschaft zu zeichnen, das etwas realistischer ist als das bisherige und welches Menschen als Menschen und nicht als wandelnde Klischees zeigt. Ich habe große Hoffnung, dass die fortschreitende Dezentralisierung durch die digitale Welt hierbei auch eine Hilfe sein kann.

Die Redaktion: Sie leben schon seit einiger Zeit in den USA und pendeln immer zwischen Deutschland und den USA. Wo lebt es sich am besten?

Tyron Ricketts: Ich mag L.A. lieber als Berlin. Ich mag Deutschland lieber als die USA.

Der Fakt, dass in L.A. 320 Tage im Jahr die Sonne scheint, ein surfbarer Ozean vor der Tür ist und es dort so viele Talente in Film und TV gibt, macht diese Stadt für mich zu einem großen Favoriten.

Die verbindlichere Art, wie die Menschen in Deutschland miteinander umgehen und die Tatsache, dass Freundschaften in Deutschland im Vergleich zum Status wichtiger sind als in den USA, macht es mir wirklich schwer, einen Favoriten zu benennen.

Ich denke, so lange noch keine eigenen Kinder im Spiel sind, ist L.A. sicherlich aufregender, Berlin jedoch der bessere Ort zu leben.

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Die Redaktion: Wie Sie wissen, sind wir ein Spielmagazin für Eltern. Und da stellen wir auch einige Fragen zum Thema Spielen. Spielen macht ja auch bekanntlich neugierig und ist wichtig für jedes Kind. Haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?

Tyron Ricketts: Ich habe als Kind viel mit meinen Eltern und meiner Großmutter gespielt.

Die Redaktion: An was können Sie sich dabei erinnern? Was war Ihnen aus heutiger Sicht dabei wichtig?

Und was haben Sie als Kind mit Ihren Eltern gespielt?

Tyron Ricketts: Mit meinen Eltern waren es vor allem Brettspiele wie „Poch“, „Monopoly“ und „Risiko“.

Lustigerweise alles Spiele, bei denen es um Geld oder Macht geht. Mit meiner Oma waren es eher Spiele wie „Schnapsen“, ein österreichisches Kartenspiel, „Kanaster“ und „Vier Gewinnt“. Das Wichtigste beim Spielen war jedoch das Zusammensein. Der Spaß und das gemeinsame Erlebnis, einen Abend mit Lachen und Spannung zu verbringen.

Die Redaktion: Wenn Sie Kinder haben, was spielen Sie gemeinsam mit Ihren Kindern? Was macht das Spielen mit Ihren Kindern aus Ihrer Sicht aus?

Tyron Ricketts: Leider habe ich noch keine Kinder.

Die Redaktion: Und da man ja nicht nur mit Kindern spielt, stellt sich die Frage, was Sie mit Ihren Freunden spielen?

Tyron Ricketts: Ich spiele sehr gerne mit meinem Freund Mic Donet eine Partie Schach. Mit meinen Freunden in L.A. machen wir oft Spieleabende, an denen Scharade oder Ratespiele auf dem Programm stehen. Das sind auf jeden Fall immer sehr tolle Abende, bei denen viel gelacht wird.

Die Redaktion: Was fasziniert Sie beim Spielen?

Tyron Ricketts: Mich fasziniert die Freiheit, die sich über den Spaß am Spiel einstellt. Man kann die Fassaden fallen lassen und so sein, wie man wirklich ist. Man darf gewinnen wollen und es ist auch vollkommen in Ordnung, wenn man sich über ein verlorenes Spiel ärgert.

Es gibt einen sicheren Rahmen, um seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen und manchmal auch ein bisschen Dampf abzulassen. Man darf lachen, sich ärgern, glücklich und traurig sein, ohne dass es weitreichende Konsequenzen hat. Man ist dabei frei!

Die Redaktion: Was ist eigentlich Ihr Lieblingsspiel?

Tyron Ricketts: Ich setze mich sehr gerne mit Freunden auf eine Pokerrunde zusammen. Allerdings geht es hier auch mehr um das Zusammensein als um‘s Gewinnen.

Die Redaktion: Heutzutage leiden alle unter Stress und Zeitnot. Dadurch haben oder besser gesagt, nehmen sich Eltern keine Zeit, mit ihren Kindern zu spielen.

Was würden Sie Eltern raten, wie wichtig es wäre, mit ihren Kindern zu spielen?

Tyron Ricketts: Spielen ist die wichtigste und freieste Art und Weise, Zeit miteinander zu verbringen.

Die Redaktion: Spielen verbindet und Kinder brauchen bei bestimmten Spielen wie UNO oder Mau Mau nicht einmal die Sprache zu beherrschen, das Spielen als solches reicht aus. Spielt man in den USA andere Spiele als in Deutschland?

Tyron Ricketts: Leider habe ich hier in den USA nicht so viele Kinder in meinem Umfeld, aber sicherlich gibt es andere Spiele als in Deutschland.

Die Redaktion: Wenn Sie in die Rolle eines Spieleerfinders schlüpfen könnten, welches Spiel würden Sie denn gern einmal erfinden wollen?

Tyron Ricketts: Gerne würde ich das “Spiel des Lebens” oder “Monopoly” neu erfinden, sodass das Ziel des Spieles nicht alleine der Profit, sondern auch Zufriedenheit, Freundschaft und Glück sind.

Ich finde, einige klassische Spiele könnten eine Anpassung an die heutigen Werte vertragen.

Die Redaktion: Können Sie schon verraten, an welchem Projekt Sie aktuell arbeiten?

Tyron Ricketts: Zurzeit arbeite ich an einem Film, zu dem ich die Idee geschrieben habe und bei dem Christian Alvart die Regie führen wird. Hierbei geht es um einen Deutschen, der versehentlich für einen afrikanischen Flüchtling gehalten wird.

Zudem arbeite ich an einer Dokumentation über einen Freund, der 12 Jahre als buddhistischer Mönch gelebt hat sowie an einer weiteren Dokumentation, die meine Freundin nach ihrer Ausbildung als Ärztin der inneren Medizin auf ihrer Suche nach alternativen Heilmethoden begleitet.

Die Redaktion: Wir bedanken uns recht herzlich, dass Sie sich die Zeit genommen haben.

Tyron Ricketts: Gerne!

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.