Angesagt – Corinna Leibig

Bild Corinna Leibig (Foto von Michelle Fennel)

Sehr geehrte Frau Corinna Leibig,
seit Jahren beschäftigen Sie sich mit den Kinder- und Jugendrechten sowie mit Themen wie Psychosomatik, dem authentischen Umgang mit Gefühlen und Ängsten oder auch Trauer.

Bei Ihren Büchern „Der kleine Bauchweh“ und „Bin ich richtig?“ haben Sie mit dem renommierten Kinder- und Jugendlichentherapeuten Dr. Hans Hopf zusammengearbeitet.

Die Redaktion: Für jemanden, der Sie nicht kennt, könnten Sie sich bitte einmal kurz vorstellen?

Corinna Leibig: Na klar! Ich heiße Corinna Leibig, bin 38 Jahre alt und lebe seit fast 15 Jahren in Wiesbaden. Dort arbeite ich gemeinsam mit meinem Partner – der eine Filmproduktion hat – in einem schönen hellen Büro in der Nähe vom Bahnhof.

In meinem Zimmer gibt es neben meinem Schreibtisch einen großen Kreativ-Tisch, an dem ich schreibe und zeichne, oder Menschen mit meinem Projekt „kreativ macht stark” begleite.

Die Redaktion: Was hat Sie dazu bewegt, das zu tun, was Sie heute tun?

Corinna Leibig: Schon als Kind und Jugendliche habe ich immerzu gelesen, gezeichnet und gemalt, oder mir Geschichten ausgedacht und sie nachgespielt.

Als ich später Kommunikationsdesign studierte und danach in Webdesign und Werbung arbeitete, hat mir das zwar Spaß gemacht, aber ich wollte selbst nachhaltige Inhalte erschaffen, nicht nur Oberflächen gestalten.

Also begann ich zu forschen und öffnete mich für einen ganz neuen Bereich: Ich machte eine Coaching-Ausbildung und im Anschluss den Heilpraktiker für Psychotherapie, da ich mich sehr für Menschen und seelische Prozesse interessiere.

Über einen Freund kam ich dann zu einer Ausbildung als Sterbebegleiterin in ein Hospiz und arbeitete dort ehrenamtlich. Ich kam einmal die Woche, verteilte Essen an die Sterbenden und verbrachte Zeit mit ihnen.

Als im Hospiz eine Stelle frei wurde, wechselte ich ganz dorthin und machte zusätzlich eine Ausbildung als Trauerbegleiterin für Kinder und Jugendliche.

Ich begleitete die Sterbenden mit einem Kreativangebot und zusätzlich Kinder und Jugendliche, deren Eltern im Sterben lagen. Wir haben viel gemalt und gezeichnet und so die Gefühle verarbeitet.

Als ich das Hospiz ein paar Jahre später wieder verließ, begann ich den kreativen und den sozialen Bereich miteinander zu vereinen: Durch meine Bücher kann ich nun eigene Themen komplett darstellen, indem ich die Geschichten schreibe, diese illustriere und auch noch das Buchlayout mache.

Außerdem begleite ich als Mentorin bis heute Kinder und Jugendliche, das inspiriert mich sehr und ich lerne ständig Neues dazu.

Bild Mabuse Verlag

Die Redaktion: Sie haben Kommunikationsdesign studiert. Was kann man sich darunter vorstellen?

Corinna Leibig: Im Studium hatten wir verschiedene Fächer wie Typografie, Zeichnen (vom Aktzeichnen bis zur Illustration), Animation und Webdesign, Konzeption und Text, sowie Fotografie.

Im Großen und Ganzen geht es darum, in dem Informations-Wirrwarr da draußen Botschaften auf medialen Kommunikationskanälen so darzustellen, dass sie den gewünschten Empfänger erreichen.

Es ist ein vielfältiger und spannender Beruf, der viele Möglichkeiten bereit hält, sich zu spezialisieren, oder sich weiterzuentwickeln…

Die Redaktion: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ratgeber zur Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu schreiben?

Corinna Leibig: Das war so nicht geplant. Als ich die Geschichte über den kleinen Bauchweh schrieb, war gar nicht klar, ob ich überhaupt einen Verlag finden würde.

Die Geschichte musste einfach aus mir raus. Als der Mabuse-Verlag das Kinderbuch veröffentlichen wollte und vorschlug einen Ratgeberteil in den Anhang zu packen, fand ich die Idee super.

Genauso mit „Bin ich richtig?”. Der Mabuse-Verlag war zwar erst skeptisch, ob ein Ratgeber für Jugendliche ankommen würde, aber dann wurde auch dieses Buch in wunderbarer Zusammenarbeit mit Hans Hopf ein voller Erfolg.

Ich denke bei meinen Büchern nicht marktwirtschaftlich, sondern folge da meinem inneren Kompass. Es gibt auch noch Bücher, die keine Ratgeber sind und unveröffentlicht in meiner Schublade liegen.

Shop der Autorin

Die Redaktion: Menschen machen Fehler und davon sind Eltern nicht ausgenommen. Wie oft habe ich mich selbst dabei erwischt, in typische Fettnäpfchen zu treten, gerade wenn man mit dem eigenen Kind spricht. Gerade in der jetzigen Zeit. Wie soll man mit Kindern über das Thema Virus sprechen?

Wie gehen Sie als Mensch und Autorin mit der Situation um? Und was macht das mit Ihnen persönlich?

Corinna Leibig: Wichtig ist es, authentisch zu bleiben. Wenn ich als Erwachsener vor der Situation Angst habe, aber so tue, als sei alles in Ordnung, ist das für ein Kind noch verstörender.

Es lernt: Ich fühle falsch. Besser ist es da, sich kongruent zu den eigenen Gefühlen zu verhalten und dem Kind zu signalisieren, dass es nicht an ihm liegt. Kinder meinen oft, dass sie daran schuld sind, oder etwas falsch gemacht haben, wenn es Mama oder Papa nicht gut geht.

Ansonsten ist es wichtig Erklärungen zu geben, warum man sich jetzt plötzlich anders verhält.

Mir persönlich macht das Virus keine Angst, was mich eher besorgt, sind die Reaktionen der Menschen und Medien.

Mir kommt die Krise wie ein Vergrößerungsglas vor: Alles, was unter der Oberfläche schon lange vor sich hin brodelt, wird sichtbar. Für meinen Partner und mich war die Lockdown Zeit sogar recht angenehm: Wir haben es uns daheim schön gemacht, viel gekocht und philosophiert.

Die Redaktion: Sie haben ehrenamtlich als Trauerbegleiterin in einem Hospiz gearbeitet. Das Thema Tod wird leider in der heutigen Zeit im Elternhaus verdrängt.

Wie sollen Eltern das Thema Tod mit den Kindern besprechen? Welche Fehler soll man dabei unbedingt vermeiden?

Corinna Leibig: Auch hier wieder: So authentisch wie möglich. Kinder wollen die Welt verstehen und haben einen unbändigen Wissensdurst. Der Tod gehört zum Leben dazu, warum ihn also ausgrenzen? Die tote Oma noch ein letztes Mal zu sehen, ihre kalte Hand zu berühren und zu begreifen, was Tod in der Realität bedeutet – das ist gelebtes Leben.

Mit auf die Beerdigung genommen werden, vielleicht auch auf dem Arm der Lieblings-Cousine, die nicht so sehr trauert, wie Mama oder Papa und Erklärungen und emotionalen Halt geben kann. Wichtig ist hier, dass die Kinder sich nicht allein gelassen fühlen und genügend Erklärungen bekommen, damit keine Verdrehungen entstehen. Man sollte dem Kind zum Beispiel auf keinen Fall sagen, dass die Oma nur schlafe.

Die Oma schläft nicht, sie ist tot. Das sollte unbedingt getrennt werden, da sonst Ängste beim Einschlafen auftreten können. Grundsätzlich kann eine externe Trauerbegleitung sehr heilsam sein, wenn die Erwachsenen mit ihren eigenen Gefühlen sehr beschäftigt sind und sich nicht um die Trauer des Kindes kümmern können.

Bild Mabuse Verlag

Die Redaktion: Wir sind ein Kinderspielmagazin und versuchen Erwachsene dazu zu bewegen, mit ihren Kindern zu spielen, weil dies für die kindliche Entwicklung wichtig ist. Was wurde bei Ihnen zu Hause gespielt?

Corinna Leibig: Oh, alles mögliche. Ich habe jahrelang auf dem Wohnzimmerboden damit zugebracht Dinosaurierlandschaften aus Tüchern und Decken zu bauen, Welten für meine Playmobilmenschen zu entwerfen, oder meine Meerschweinchen zu dressieren.

Mit meinen Eltern habe ich am liebsten das Paketspiel gespielt: Meine Mama musste mich in eine Decke verpacken und meinem Vater zustellen. Der war ganz überrascht, vom großen Paket und kitzelte mich immer durch, nachdem er mich ausgepackt hatte.

Dann gab es meine Verkleidungstruhe. Ständig verkleidete ich mich und meine Mutter musste dann immer ein Foto von mir machen. Ganz klassisch spielten wir natürlich Brettspiele, Karten- und Würfelspiele. Auch Theater und Rollenspiele waren bei uns hoch im Kurs.

Die Redaktion: Was war Ihnen dabei wichtig, wenn Sie mit Ihren Eltern oder Geschwistern gespielt haben?

Corinna Leibig: Mir war wichtig, dass meine Eltern ganz bei der Sache waren. Mit Kindern zu spielen ist einfach, aber viele Erwachsene sind leider oft in anderen Welten unterwegs und nicht im Hier und Jetzt.

Die Redaktion: Wenn Sie die Möglichkeit hätten, Persönlichkeiten aus der jetzigen Zeit oder aus der Geschichte zu einem Spiel einzuladen, wer dürfte an Ihrem Tisch Platz nehmen?

Corinna Leibig: Greta Thunberg fasziniert mich. Mit der würde ich gerne mal spielen!

Die Redaktion: Welches Spiel spielen Sie am liebsten? Und was spielen Sie heute mit Ihren Freunden?

Corinna Leibig: Ich liebe Streitpatience. Das ist wie eine Patience legen nur zu zweit und viel spannender. Neulich haben wir ein online Pub-Quizz gespielt, das war sehr lustig. Oder das gute alte Activity.

Die Redaktion: Was schätzen Sie am gemeinsamen Spiel?

Corinna Leibig: Man ist gemeinsam lebendig, kommt in Austausch und hat im besten Fall eine Menge Spaß!

Die Redaktion: Könnten Sie sich vorstellen, auch selber mal ein Spiel zu erfinden?

Corinna Leibig: Na klar! Ich sprudle vor Ideen …

Die Redaktion: Welches Spielthema würde Sie dann reizen?

Corinna Leibig: Eine Mischung aus Rollenspiel und Pantomime in Verbindung mit einem Brettspiel.

Bild Corinna Leibig (Foto von Michelle Fennel)

Die Redaktion: Wenn Sie eine Sache auf der Welt verändern dürften, was wäre das?

Corinna Leibig: Dass jeder Mensch seine Verantwortung zu sich nimmt und bei sich selbst schaut.

Die Redaktion: Was würden Sie heute Ihrem jüngeren Selbst empfehlen?

Corinna Leibig: Mach noch mehr Kunst!

Die Redaktion: Was planen Sie für die Zukunft?

Corinna Leibig: Weiterhin viel Raum für Liebe und Kreativität, gutes Essen, schöne Reisen, meine Familie und Freunde, viele Bücher schreiben (dieses Jahr noch erscheint wieder ein neues) und ganz viel Neues entdecken.

Die Redaktion: Herzlichen Dank.

Website der Autorin:

https://www.corinnaleibig.de/

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 20 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.