Mein Jahrhundert

Bild Goya

Der Literaturnobelpreisträger dürfte zu den wohl wichtigsten Intellektuellen Deutschlands – wenn nicht sogar Europas – des vergangenen 20. Jahrhunderts gehören.

Allein schon deshalb macht es Sinn, von dem 20. Jahrhundert als sein Jahrhundert zu sprechen und genauer hinzuhören, wenn er sich über das selbige auslässt.

In der jüngeren Vergangenheit haben sich bereits einige Rezensenten über das Buch ausgelassen, um nicht allzu viel vorweg zu nehmen, soll der Inhalt nur kurz wiedergegeben werden.

Grundidee des Werks ist es, das Jahrhundert aus den unterschiedlichsten Perspektiven Revue passieren zu lassen.

Es sollen jedoch nicht nur die üblichen Verdächtigen (Minister, Starjournalisten, hochrangige Beamte oder Spitzenpolitiker) zu Wort kommen, sondern auch Gedanken der Akteure, die sonst eher vernachlässigt werden.

Personen, die dem Lauf der Geschichte eher ohnmächtig bzw. passiv beiwohnen, als aktiv eingreifend gegenüberstehen. Auch sind die Schauplätze der hundert Geschichten eines Jahrhunderts nicht immer der zentrale Brennpunkt des Geschehens, obgleich dieser derart brillant gewählt und in Szene gesetzt wurde, dass er erhellend für das große Ganze ist.

Die Idee, ein Jahrhundert „im Vorbeigehen“ zu erkunden und dabei Dinge in den Blick zu nehmen, die sonst eher als „Nebenkriegsschauplatz“ vernachlässigt werden, ist nicht wirklich neu oder innovativ.

Problematisch ist auch, dass vom Leser einiges an historischem Detailwissen abverlangt wird, damit er dem Verlauf von Historie und Hörbuch wirklich folgen kann. Auch blieb manchmal im Dunkeln, wo denn der Zusammenhang zwischen den einzelnen Blickpunkten und Ereignissen ist.

Sein Jahrhundert erscheint wie ein Flickenteppich, was im Großen und Ganzen wohl nicht allzu weit vom Verlauf der Geschichte weg ist. Was sich bei einigen Rezensenten als Schwäche liest, darf also ruhig auch als Stärke des (Hör-)Buches verstanden werden.

Fazit

Das Hörbuch ist keine leichte „Gute Nacht“-Lektüre und eignet sich weniger, um ein wenig Kurzweil in den grauen Alltag zu bringen.

Es handelt sich viel eher um einen alternativen, eher atypischen Blick auf die Geschichte und ein turbulentes Jahrhundert.

Wer sich der Historie nicht immer nur aus der Perspektive des distanzierten Chronisten nähern möchte und in den Zeitgeist tatsächlich eintauchen will, dem sei dieses Hörbuch wärmstens empfohlen.

Aus unserer Sicht ist es jedoch unumgänglich, dass man nicht nur Muße für den mehrstündigen Hörmarathon mitbringen muss, sondern auch ein wenig Hintergrundwissen.

Als Einstieg für den Geschichtsunterricht der Klasse 9 oder 10 ist das Werk nämlich heillos ungeeignet. (S.Ziegler)

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Das Magazin wurde im Mai 2016 gestartet, trotzdem kommen wir selber auf fast 15 Jahre Spielerfahrungen zurückblicken.